Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Rechtsschutz gegenüber polizeilichem Realhandeln; verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage, § 43 VwGO. Rechtmäßigkeitsprüfung bei Realhandeln. Versammlungsfreiheit, Art. 8 GG; Eingriff und Rechtfertigung. Vorrangige Anwendung des VersG. Verhältnis zum PolG und KunstUrhG (Recht am eigenen Bild). Ermächtigungsgrundlage für polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit im Internet

OVG Münster Urteil vom 17.9.2019 (15 A 4753/18) DÖV 2020, 571

Fall (Polizeifotos)

K nahm am 6.5. in der im Land L gelegenen Großstadt S an einer Versammlung unter dem Motto „Gegen Rassismus und Gewalt“ teil. Nach Anmeldung der Versammlung beim zuständigen Polizeipräsidium (P) wurden die ca. 150 Teilnehmer von der Polizei begleitet. Dabei machten zwei uniformierte Beamte - für die Teilnehmer erkennbar - mit einer Digitalkamera Bilder von der Versammlung. Noch während die Versammlung andauerte, veröffentlichte P im Internet auf Facebook und Twitter unter der Überschrift „Demonstration in S“ einen bebilderten Bericht über den Einsatz. Auf den Bildern sind Polizeikräfte und -fahrzeuge zu sehen sowie Teilnehmer der Versammlung, darunter auch K, zu erkennen.

K hält die Aufnahme der Fotos ebenso wie deren Veröffentlichung für rechtswidrig, weil dadurch in nicht gerechtfertigter Weise in die Versammlungsfreiheit eingegriffen werde. In dem anschließenden Schriftwechsel zwischen K und P berief P sich zunächst darauf, die Begleitung der Versammlung sei wegen möglicher Störungen der öffentlichen Sicherheit geboten gewesen. Ein Eingriff in ein Grundrecht sei nicht erfolgt, weil die Versammlung nicht beeinträchtigt worden sei. Die Anfertigung und Veröffentlichung der Bilder sei Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei gewesen und habe vorwiegend Vollzugsbeamte und Fahrzeuge der Polizei gezeigt. Die Teilnehmer der Versammlung seien nur im Hintergrund zu sehen gewesen, weil es sich lediglich um Übersichtsaufnahmen gehandelt habe. Es sei Aufgabe der Polizei, durch derartige Berichte das Vertrauen der Bevölkerung in ihre professionelle Aufgabenerledigung zu stärken. Zusätzlich verweist die Polizei auf die folgenden Rechtsgrundlagen:

Das im Lande L fortgeltende (Bundes-)Versammlungsgesetz (VersG) bestimmt in § 12 a I: „ Die Polizei darf Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen nur anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.“ Nach § 19 a VersG gilt das auch bei Versammlungen unter freiem Himmel.

§ 15 I PolG des Landes bestimmt: „Die Polizei kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen, von Teilnehmern erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dabei Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden.“

Aus dem „ Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“ ( KunstUrhG):

§ 22 Satz 1: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“

§ 23: „Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: …. 3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben“

§ 24: „Für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit dürfen von den Behörden Bildnisse ohne Einwilligung des Berechtigten sowie des Abgebildeten oder seiner Angehörigen vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden.“

Obwohl die Fotos inzwischen gelöscht sind, will K sich verwaltungsgerichtlich gegen die Anfertigung und die Veröffentlichung der Fotos auf Facebook und Twitter zur Wehr setzen. Hat eine Klage Aussicht auf Erfolg?

Hinweis: Vorschriften des europäischen Datenschutzrechts (DS-GVO) oder des deutschen Datenschutzrechts (BDSG, LDSG) sind nicht anzuwenden.

Lösung

Vorbemerkung: Besprochen wird das Urteil von Hettich DÖV 2020, 558 (auch verwandte Probleme); Hebeler JA 2020, 798.

A. Zulässigkeit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht

I. Der Verwaltungsrechtsweg könnte nach § 40 I VwGO eröffnet sein. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn die Klage sich gegen ein öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln richtet. Die Anfertigung der Fotos und ihre Veröffentlichung standen in einem engen Zusammenhang mit der Begleitung und Überwachung der Versammlung. Diese richtete sich primär nach dem Versammlungsgesetz, möglicherweise auch nach Polizeirecht. Beide Rechtsgebiete gehören zum öffentlichen Recht. Somit richtet sich auch die Frage, ob die Anfertigung und Verwendung der Fotos rechtmäßig ist, nach diesen öffentlich-rechtlichen Vorschriften und führt zur Annahme einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit. Da sie auch nichtverfassungsrechtlicher Art ist und eine abdrängende Sonderzuweisung nicht vorliegt, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.

II. Es ist die statthafte Klageart zu bestimmen.

1. Eine Anfechtungsklage (§ 42 I VwGO) oder - im Fall der Erledigung - eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 I 4 VwGO) scheidet aus, weil weder die Aufnahme der Fotos noch deren Verwendung ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG) ist. Es fehlt an einer Regelungswirkung. Anfertigung und Verwendung der Fotos richten sich nicht auf eine Rechtsfolge, sondern zielen auf die tatsächlichen Folgen, dass solche Bilder entstehen und betrachtet werden können. Sie sind deshalb Realakte (Realhandeln).

2. Statthaft könnte eine Feststellungsklage nach § 43 I VwGO sein. Dann müsste die zu erhebende Klage auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein.

a) Nach der Rechtsprechung des BVerwG erfordert ein Rechtsverhältnis rechtliche Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG NJW 2018, 716 [12]; BVerwGE 157, 8 [12]; 129, 199 [21]; Wöckel JA 2015, 205 mit Beispielen). Wesentlich für ein Rechtsverhältnis sind also ein Sachverhalt und die Anwendung von Rechtsvorschriften auf diesen Sachverhalt, so dass Rechtsfolgen zwischen Personen begründet werden. Im vorliegenden Fall sind Sachverhalt die Versammlung und die Vorgänge um die Polizeifotos. Durch Anwendung der Rechtsvorschriften aus dem VersG oder dem PolG ergibt sich, ob die Maßnahmen, die die Polizeibeamten vorgenommen haben und die dem Land L als Träger der Polizei zuzurechnen sind, rechtmäßig waren. Das Rechtmäßigkeitsurteil löst eine Rechtsfolge zwischen dem Land und K aus. K beantragt, dass die Maßnahmen rechtswidrig waren, behauptet also das Nichtbestehen der vom Land in Anspruch genommenen Berechtigung zur Vornahme dieser Maßnahmen.

b) Dass die Rechtsfolge sich durch das Löschen der Bilder erledigt hat, ist unerheblich, weil auch ein früheres Rechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann.

Zu a) und b) OVG [41-43] unter Verweis auf BVerwG NJW 2018, 716 (Tornado gegen Demonstranten): Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bei der streitgegenständlichen Frage, ob die Anfertigung von Lichtbildern der Versammlung vom 6. Mai durch Beamte des Landes und deren Veröffentlichung im Internet…auf dem Account der Polizei rechtswidrig war, handelt es sich um ein nach dieser Bestimmung feststellungsfähiges - vergangenes - Rechtsverhältnis. Dementsprechend richtete sich der Klageantrag des K im Fall des OVG (vgl. [13,14]) auf die Feststellung, dass die Anfertigung von Lichtbildern der Versammlung vom 6. Mai und die Veröffentlichung der Lichtbilder im Internet unter www.twitter.com und www.facebook.com rechtswidrig war.

III. Es müssen die für die Klageart Feststellungsklage geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.

1. § 43 I VwGO erfordert ein berechtigtes Feststellungsinteresse des K.

a) OVG [47] Das berechtigte Interesse des § 43 Abs. 1 VwGO schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein (BVerwG NJW 2018, 716 [20]; BVerwGE 100, 262, 271). Hat sich das Rechtsverhältnis erledigt, wird ein qualifiziertes Feststellungsinteresse verlangt, wobei die zur Erledigung des VA im Rahmen des § 113 I 4 VwGO entwickelten Grundsätze angewendet werden. OVG [49] Geht es - wie hier - um ein vergangenes, erledigtes Rechtsverhältnis, kommt ein Feststellungsinteresse insbesondere in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe in Betracht. Insoweit gebietet das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Solche Eingriffe können auch durch Beeinträchtigungen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG bewirkt werden, gegen die Rechtsschutz in dem dafür verfügbaren Zeitraum typischerweise allenfalls im Eilverfahren erreichbar ist. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen aber einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache und nicht nur auf Rechtsschutz in einem Eilverfahren (vgl. BVerfGE 104, 220, 233; BVerwGE 130, 180 Rn. 26 m. w. N.).

b) OVG [51] Gemessen an diesen Maßstäben kommt K zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu. Das Anfertigen von Fotos der Versammlung vom 6. Mai durch Polizeibeamte und deren Veröffentlichung im Internet auf Twitter und Facebook war auf die Dauer der Versammlung beschränkt und hat sich mit deren Beendigung bzw. mit dem Löschen der Einträge erledigt. Aufgrund dieses Zeitablaufs war es K nicht möglich, rechtzeitig Rechtsschutz gegen diese Maßnahmen zu erreichen. Dieser Rechtsschutz ist ihm nunmehr in Gestalt der Feststellungsklage zu eröffnen.

2. Nach § 43 II 1 VwGO ist die Feststellungsklage subsidiär. Dass eine Anfechtungsklage nicht in Betracht kommt, wurde oben II 1 ausgeführt. Auch eine Verpflichtungs- oder Leistungsklage scheidet aus (OVG [44]). Somit steht § 43 II 1 VwGO der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen.

3. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (E 100, 217) ist § 42 II VwGO auf die Feststellungsklage analog anwendbar, so dass es auch bei dieser Klageart einer Klagebefugnis bedarf. Zwar lässt sich eine Regelungslücke wegen der Notwendigkeit eines Feststellungsinteresses (§ 43 I VwGO) nur schwer begründen, weshalb diese These auch umstritten ist (ablehnend Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 42 Rdnr. 63 m. Nachw. zum Streitstand in Fn. 136). Hier kann die Frage aber offen bleiben, weil K sich auf die Verletzung des Grundrechts aus Art. 8 I GG beruft und damit eine Rechtsverletzung i. S. des § 42 II VwGO geltend macht. OVG [51] Nach dem Vorbringen des K erscheint es, was für die Bejahung der Zulässigkeit ausreichend ist, zumindest als möglich, dass die in Rede stehenden Maßnahmen als gewichtiger Eingriff in sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG zu qualifizieren sind…

4. Bei der Feststellungsklage ist weder ein Vorverfahren noch die Einhaltung einer Klagefrist erforderlich.

Folglich ist die - gegen das Land L zu richtende (vgl. § 61 Nr. 1 VwGO) - Klage zulässig.

B. Begründetheit der Klage

Die vom Land L in Anspruch genommenen und von K bestrittenen Befugnisse bestehen nicht, wenn die Anfertigung der Fotos und ihre Veröffentlichung nach den anzuwendenden Vorschriften rechtswidrig waren.

Zum Aufbau der Prüfung: Auch bei einem Realhandeln kann dem für belastende Verwaltungsakte geltenden Aufbau nach anwendbarer Ermächtigungsgrundlage, formeller und materieller Rechtmäßigkeit gefolgt werden, wenn es eine anwendbare Ermächtigungsgrundlage gibt. Für die Anfertigung und Verwendung von Fotos zum Zwecke der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit gibt es aber keine Ermächtigung. Fehlt eine solche, empfiehlt sich der bei einem belastenden VA passende Aufbau nicht, weil er davon ausgeht, dass eine Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist; davon kann aber bei der Öffentlichkeitsarbeit im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Würde dementsprechend zunächst die Frage aufgeworfen, ob die Maßnahmen einer Ermächtigungsgrundlage bedürfen, würde diese Überlegung zur Prüfung des Art. 8 GG führen, weil ein Eingriff in ein Grundrecht eine Ermächtigungsgrundlage erforderlich macht. Dann kann aber auch gleich auf Art. 8 GG abgestellt werden (so auch das OVG und das VG als Vorinstanz). Also ist Ausgangsüberlegung:

Die streitigen Maßnahmen sind rechtswidrig, wenn sie ein Grundrecht des K verletzen. Verletzt sein könnte die Versammlungsfreiheit (Art. 8 I GG), und zwar zunächst durch die Anfertigung der Fotos.

I. Das Grundrecht des Art. 8 GG steht Deutschen zu. Mangels abweichender Angaben im Sachverhalt ist davon auszugehen, dass K Deutscher ist.

II. Die Versammlung vom 6.5. fiel unter den Schutzbereich des Art. 8 I GG. Sie verlief friedlich, die Teilnehmer waren unbewaffnet.

III. Die Anfertigung der Fotos müsste einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit des K enthalten haben.

1. Ein Eingriff liegt jedenfalls dann vor, wenn durch eine staatliche Maßnahme die geschützte Freiheit rechtlich regelnd, final und unmittelbar verkürzt wird, insbesondere wenn ein Verbot oder Gebot ausgesprochen wird (sog. klassischer Eingriff; Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, vor Art. 1 Rdnr. 80 ff.). In dem Anfertigen der Fotos lag keine derartige Regelung, wovon auch bereits oben A II 1 ausgegangen wurde.

2. Nach dem sog. modernen Eingriffsbegriff können auch bloß faktisch oder bloß mittelbar wirkende Maßnahmen ein Eingriff sein (Starke DVBl 2018, 1469; Hobusch JA 2019, 278 jeweils m. w. N.). Allgemein wird das bejaht, wenn eine faktisch oder mittelbar wirkende Maßnahme ein funktionales Äquivalent für einen klassischen Eingriff ist, was sich aus ihrer Zielsetzung und Wirkung ergeben kann (BVerfGE 105, 252, 273; 116, 202, 222; 118, 1, 20; Starke DVBl 2018, 1469). Mit Blick auf die Versammlungsfreiheit formuliert OVG [56-58] das so: Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit kann auch durch faktische Maßnahmen beeinträchtigt werden, wenn diese in ihrer Intensität imperativen Maßnahmen gleichstehen und eine abschreckende oder einschüchternde Wirkung entfalten bzw. geeignet sind, die freie Willensbildung und die Entschließungsfreiheit derjenigen Personen zu beeinflussen, die an Versammlungen teilnehmen oder teilnehmen wollen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. November 2015 - 2 BvQ 39/15 -, juris Rn. 11, und vom 11. Juni 1991 - 1 BvR 772/90 -, juris Rn. 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 6 C 46.16 -, juris Rn. 28 und 31 f. Ob dies der Fall ist, kann nur aufgrund einer Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls anhand eines objektiven Beurteilungsmaßstabs festgestellt werden. Nach Hettich DÖV 2020, 559 entspricht das der ganz überwiegenden Meinung (m. w. N. Fn. 4).

a) Bei der Einordnung der Fotos im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass auch bei Übersichtsaufzeichnungen einzelne Personen ohne weitere technische Bearbeitung identifiziert werden können (OVG [74]; Hettich DÖV 2020, 561 m. w. N. Fn. 32). Das gilt insbesondere für eine Versammlung wie die vom 6.5 mit einem überschaubaren Teilnehmerkreis von nur ca. 150 Personen. Dementsprechend sind auf den Fotos vom 6.5. einzelne Teilnehmer, darunter auch K, zu erkennen. Die Teilnehmer, die Kenntnis von den Aufnahmen durch die Polizei hatten, mussten damit rechnen, dass sie später auf den Fotos auffindbar sind.

b) OVG [62-65] Die polizeiliche Erstellung von Übersichtsaufzeichnungen…begründet für Teilnehmer an einer Versammlung das Bewusstsein, dass ihre Teilnahme und die Form ihrer Beiträge unabhängig von einem zu verantwortenden Anlass festgehalten werden können und die so gewonnenen Daten über die konkrete Versammlung hinaus verfügbar bleiben. Dabei handelt es sich überdies um sensible Daten. In Frage stehen Aufzeichnungen, welche die gesamte - möglicherweise emotionsbehaftete - Interaktion der Teilnehmer optisch fixieren und geeignet sind, Aufschluss über politische Auffassungen sowie weltanschauliche Haltungen zu geben. Das Bewusstsein, dass die Teilnahme an einer Versammlung in dieser Weise festgehalten wird, kann Einschüchterungswirkungen haben, die zugleich auf die Grundlagen der demokratischen Auseinandersetzung zurückwirken. Wer damit rechnet, dass die Teilnahme an einer Versammlung behördlich registriert wird und dass ihm dadurch persönliche Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf die Ausübung seines Grundrechts verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil die kollektive öffentliche Meinungskundgabe eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger gegründeten demokratischen und freiheitlichen Gemeinwesens ist (…). Dies gilt auch für „flüchtige", d. h. nicht gespeicherte Aufnahmen bzw. Bildübertragungen (…).

c) [66] Ohne Eingriffsqualität können demgegenüber bloße Übersichtsaufnahmen sein, die erkennbar der Lenkung eines Polizeieinsatzes namentlich von Großdemonstrationen dienen und hierfür erforderlich sind, oder die reine Beobachtung durch begleitende Beamte oder sonstige Dritte. Darunter fallen die Aufnahmen vom 6.5. aber nicht, weil die Fotos nicht der Einsatzlenkung dienten und sich auch nicht auf ein Beobachten beschränkten, sondern für die Öffentlichkeitsarbeit gespeichert wurden (Hettich DÖV 2020, 560).

d) OVG [69-73] Folglich entfaltete das Fotografieren der Versammlungsteilnehmer durch Polizeibeamte eine Abschreckungs- und Einschüchterungswirkung, die geeignet war, Personen von der Versammlungsteilnahme - und damit von der Grundrechtswahrnehmung - abzuhalten oder zumindest in ihrem Verhalten während der Versammlungsteilnahme zu beeinflussen. Dieser Effekt wurde noch dadurch intensiviert, dass für die Versammlungsteilnehmer nicht klar war, zu welchem Zweck die Aufnahmen gemacht und in welchem - vom Anlass der Versammlung möglicherweise unabhängigen - Kontext sie ggfs. gespeichert und später verwertet werden.

Dass die Fotos vom 6. Mai zum Zweck der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit gemacht wurden, ändert daran nichts… Im Gegenteil wird der Abschreckungs- und Einschüchterungseffekt noch verstärkt, wenn Versammlungsteilnehmern - etwa durch eine Kennzeichnung der fotografierenden Beamten als Angehörige der Öffentlichkeitsarbeitsabteilung - bewusst ist, dass die Fotos auf dem Twitter- bzw. Facebook-Account der Polizei veröffentlicht werden sollen. Denn die Versammlungsteilnehmer müssen dann mit einem erheblich gesteigerten Verbreitungsgrad dieser Lichtbilder und einem entsprechenden breiten - potentiell weltweiten - Bekanntwerden ihrer Versammlungsteilnahme rechnen. Abgesehen davon würde auch die Offenlegung des Zwecks der Öffentlichkeitsarbeit die Versammlungsteilnehmer für sich genommen noch nicht darüber informieren, welcher Art der Öffentlichkeitsarbeit das Fotografieren dienen soll. Die Transparenz der Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit lässt das Unsicherheitserzeugungspotential des Fotografierens in Bezug auf die Versammlungsteilnehmer daher nicht per se entfallen.

Dass P die Fotos im zu entscheidenden Fall später gelöscht hat, vermochte nicht zu verhindern, dass diese in der Zwischenzeit von Teilen der Öffentlichkeit - und zwar über den Augenblick hinaus - angesehen und auch weiter gespeichert werden konnten. Aufgrund dessen hat P die Möglichkeit geschaffen, dass die Versammlungsteilnehmer zu irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft auch von dritter (privater) Seite mit ihrer Versammlungsteilnahme konfrontiert werden.


[68] Hiervon ausgehend war das Anfertigen von Fotos der Versammlung vom 6. Mai, um diese anschließend auf dem Account der Polizei auf Twitter und Facebook zu publizieren, ein Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG.

IV. Damit steht als Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen fest, dass - verwaltungsrechtlich betrachtet - eine Ermächtigungsgrundlage für die Anfertigung der Fotos erforderlich ist (OVG [79]) und dass - bei der hier angewendeten grundrechtlichen Prüfung – die weitere Prüfung dahin geht, ob der Eingriff auf der Grundlage eines Gesetzesvorbehalts gerechtfertigt ist. Nach Art. 8 II GG kann die Versammlungsfreiheit bei Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden.

1. Als Gesetz kommt zunächst das VersG in Betracht. Dieses trifft in (§ 19 a und) § 12 a I eine Regelung für Bildaufnahmen von Teilnehmern einer öffentlichen Versammlung durch die Polizei (vgl. Hettich DÖV 2020, 563). Danach müssen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von der Versammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Das war am 6.5. nicht der Fall und wird von P auch nicht behauptet, vielmehr wurden die Fotos für die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit aufgenommen. OVG [92] § 19a, § 12 a Abs. 1 VersG decken die streitgegenständlichen Maßnahmen nicht. Beweggrund für die Anfertigung der Lichtbilder war die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit, nicht die Abwehr von Gefahren oder die Strafverfolgung. Dies macht P auch nicht geltend. Eine andere Vorschrift aus dem VersG, die die Fotos rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Somit rechtfertigt das VersG den Eingriff nicht.

2. Eine Rechtfertigung könnte sich aus dem PolG ergeben, wobei in erster Linie der im Sachverhalt angeführte § 15 I PolG in Betracht kommt.

a) Jedoch lagen keine Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen würden; insoweit gilt Gleiches wie zu § 12 a VersG.

b) Darüber hinaus ist § 15 I PolG nur auf Veranstaltungen anwendbar, die nicht dem VersG unterliegen; mit dieser Einschränkung trägt das PolG dem grundsätzlich abschließenden Charakter des VersG Rechnung, wonach Vorschriften des PolG auf Versammlungen nicht anwendbar sind (sog. Polizeifestigkeit der Versammlungsfreiheit; BVerwG NVwZ 2019, 1281 Rdnr. 8; Hettich DÖV 2020, 561; Detterbeck NVwZ 2019, 1282; Fischer-Uebler/Gölzer JA 2020, 683). Die Versammlung vom 6.5. unterlag aber dem VersG. Deshalb ist auch die polizeirechtliche Generalklausel (im Fall des OVG Münster wäre das § 8 PolG NRW) nicht anwendbar.

OVG [80] Insbesondere soweit das VersG abschließende Regelungen hinsichtlich der versammlungsbehördlichen Eingriffsbefugnisse enthält, geht es als Spezialgesetz dem allgemeinen Polizeirecht - und anderen Rechtsvorschriften - vor. Seine im Vergleich zum allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht besonderen Voraussetzungen für beschränkende Maßnahmen sind Ausprägungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (…). [84] Bild- und Tonaufnahmen von Versammlungen durch die Polizei sind in § 12 a VersG - der über § 19 a VersG auch für Versammlungen unter freiem Himmel gilt - speziell und abschließend geregelt („nur“). [88] Die in § 12 a VersG getroffene differenzierende Regelung verdeutlicht, dass das VersG polizeiliche Bildaufnahmen von Versammlungen und deren zweckgebundene Weiterverwendung umfassend und abschließend normiert. Diesen Spezialcharakter behält das VersG auch, wenn aufgrund des Art. 125 a I 2 GG das Bundes-VersG durch ein landesrechtliches VersG ersetzt wird (BVerwG NVwZ 2019, 1281 Rdnr. 9; Anm. Detterbeck NVwZ 2019, 1282).

c) Allerdings gelten von dem Grundsatz b) Ausnahmen, soweit es um die Abwehr nichtversammlungsspezifischer Gefahren geht (BVerwG NVwZ 2019, 1281 Rdnr. 8; Detterbeck NVwZ 2019, 1282 m. w. N.). Beispiel ist, dass für den Saal, in dem die Versammlung stattfindet, Brandgefahr besteht; dann kann aufgrund polizei- oder ordnungsrechtlicher Vorschriften dessen Räumung erfolgen. OVG [82] Die sog. Polizeifestigkeit der Versammlungsfreiheit bedeutet zwar nicht ausnahmslos, dass in die Versammlungsfreiheit nur auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes eingegriffen werden könnte. Denn das Versammlungsgesetz enthält keine abschließende Regelung für die Abwehr aller Gefahren, die im Zusammenhang mit Versammlungen auftreten können. Auf das Polizei- und Ordnungsrecht darf zurückgegriffen werden, wenn es um die Verhütung von nichtversammlungsspezifischen Gefahren geht. Im vorliegenden Fall ging es überhaupt nicht um die Abwehr von Gefahren, so dass die Ausnahme nicht eingreift.

3. Rechtfertigung für den Eingriff in die Versammlungsfreiheit könnte § 23 Nr. 3 KunstUrhG sein, wonach ohne Einwilligung verbreitet und zur Schau gestellt werden dürfen „ Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben.“

a) Jedoch ist das KunstUrhG ein privatrechtliches Gesetz und betrifft grundsätzlich nur die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen (Hettich DÖV 2020, 563). Primär ist § 23 Nr. 3 KunstUrhG eine Ausnahmebestimmung für den journalistischen Bereich; eine Polizeibehörde wird aber auch dann nicht journalistisch tätig, wenn sie Öffentlichkeitsarbeit betreibt (OVG [109, 111]). Eine Ausnahme vom privatrechtlichen Charakter bildet § 24 KunstUrhG, dessen Voraussetzungen aber nicht vorliegen, weil die Fotos der Polizei nicht für Zwecke der Rechtspflege oder der öffentlichen Sicherheit angefertigt wurden, sondern für die Öffentlichkeitsarbeit.

b) Außerdem rechtfertigen §§ 23, 24 KunstUrhG nur die Verbreitung von Bildern und nicht deren Herstellung.

Zu a) und b) OVG [98] § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG kann den Kameraeinsatz nicht rechtfertigen. Die Vorschrift ist ersichtlich nicht auf hoheitliche Maßnahmen zugeschnitten… Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass § 24 KunstUrhG, der explizit an Behörden adressiert ist, nur die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bildnissen regelt, während es für die Anordnung der Maßnahme - also das Anfertigen der Bildnisse - einer eigenständigen rechtlichen Grundlage bedarf. Diese folgt zumeist aus strafprozessualen Regelungen und kann daher durchaus an engere Voraussetzungen gebunden sein als die nach § 24 KunstUrhG zulässige Beschränkung des Bildrechts (…).

4. Eine Rechtfertigung könnte sich aus der Befugnis des Staates zur Öffentlichkeitsarbeit durch Informationshandeln ergeben.

a) Staatliche Stellen sind zur Öffentlichkeitsarbeit berechtigt, was insbesondere durch Auskünfte gegenüber der Presse verwirklicht wird (§ 4 LPresseG; zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung BVerfG NJW 2020, 2096 [49]). OVG [113] Staatliche Öffentlichkeitsarbeit ist nicht nur zulässig, sondern auch notwendig, um den Grundkonsens im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten. Dabei ist, selbst wenn die Information den Schutzbereich eines Grundrechts nachteilig berührt, nicht stets eine spezielle Ermächtigung erforderlich. Vielmehr kann die Befugnis zum Informationshandeln sich nach der Rspr. des BVerfG bereits aus der Zuweisung einer Zuständigkeit ergeben ( BVerfGE 105, 252, 268, Glykol, und 105, 279, 301, Osho; NJW 2011, 511). OVG [113] Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln.

b) Eine spezielle Ermächtigungsgrundlage wird aber dann verlangt, wenn ein Eingriff durch eine finale Regelung vorliegt, die zu einer Rechtsverkürzung führt (klassischer Eingriff), oder wenn der Eingriff sich als funktionelles Äquivalent zu einem klassischen Eingriff erweist, weil er durch Zielsetzung und Wirkung Ersatz für einen klassischen Eingriff ist (BVerfGE 105, 279, 303). OVG [115] Die Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns ohne besondere gesetzliche Eingriffsermächtigung ist nur dann gegeben, wenn es nicht zu gezielten Grundrechtseingriffen bzw. zu funktionalen Äquivalenten solcher Eingriffe, sondern lediglich zu faktisch-mittelbaren Grundrechtsbeeinträchtigungen führt und der betroffene Bereich einer staatlichen Normierung nicht zugänglich ist.

aa) W ie oben B III 2 ausgeführt wurde, steht die Anfertigung der Fotos wegen ihrer abschreckenden und einschüchternden Wirkung einem finalen Eingriff gleich, ist also nach Zielsetzung und Wirkung wie ein finaler Eingriff zu behandeln.

bb) Außerdem fehlt es an der Voraussetzung, dass das Sachgebiet staatlicher Normierung nicht zugänglich ist. OVG [115,117] Zwar sind Gegenstand und Modalitäten staatlichen Informationshandelns so vielgestaltig, dass sie angesichts der eingeschränkten Erkenntnis- und Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers allenfalls in allgemein gehaltenen formellen Generalklauseln gefasst werden können. Auf die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei durch Bildaufnahmen trifft das aber nicht zu. Vielmehr ist die Standardsituation des Fotografierens bei Versammlungen zu Zwecken der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit nicht durch eine komplexe Gemengelage geprägt, sondern ohne Weiteres einer abstrakt-generellen Regelung zugänglich.

cc) Schließlich muss auch ein belastendes Informationshandeln verhältnismäßig sein (BVerfG NJW 2011, 511 [24, 25]). OVG [118] Das Fotografieren von Versammlungsteilnehmern nebst dem Veröffentlichen dieser Lichtbilder im Internet ist unter Verhältnismäßigkeitsaspekten nicht erforderlich, um eine effektive polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Die Polizei könnte über einen Versammlungsverlauf auch ohne diese Bilder informieren, ohne gänzlich auf eine Bebilderung zu verzichten. So könnte die Polizei etwa ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder auf Archivfotomaterial zurückgreifen, auf dem die Versammlungsörtlichkeit zu sehen ist.

Somit rechtfertigt die Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit der Polizei den Eingriff in Art. 8 I GG nicht. Vielmehr wäre eine speziellere Ermächtigungsgrundlage erforderlich gewesen, die aber nicht vorliegt. Somit verletzt das Anfertigen der Fotos das Grundrecht des K auf Versammlungsfreiheit und war rechtswidrig.

V. Auch das Verbreiten der Bilder im Internet könnte rechtswidrig sein.

1. Da das Anfertigen der Fotos vorstehend unter I-IV bereits zusammen mit dessen Ziel, die Bilder für die Öffentlichkeitsarbeit zu verwenden, betrachtet wurde, ist eine selbstständige Prüfung, ob auch das Verwenden Art. 8 I GG verletzt, nicht erforderlich. Vielmehr ist festzustellen, dass sowohl das Anfertigen als auch das Verwenden der Fotos wegen Verletzung des Art. 8 I GG rechtswidrig ist. OVG [120] Da die Anfertigung von Lichtbildern von der Versammlung vom 6. Mai, auf denen auch K zu sehen war, durch Beamte des P rechtswidrig war, war auch deren Veröffentlichung im Internet unter www.twitter.com und www.facebook.com auf dem Account der Polizei rechtswidrig.… Eine besondere gesetzliche Rechtsgrundlage für die Publikation der Fotos, die von deren Herstellensvorgang abgekoppelt wäre, existiert ebenfalls nicht.

2. Weiterhin liegt in der Veröffentlichung der Fotos ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild, das über das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG) geschützt wird (OVG [51]; Hettich DÖV 2020, 559, 560). Das Persönlichkeitsrecht umfasst die Entscheidung darüber, ob persönliche Sachverhalte offenbart werden. Zu diesen gehört die bildliche Darstellung einer Person, auch auf Übersichtsdarstellungen, wenn die Person auf ihr identifiziert werden kann. Zwar können Eingriffe in dieses Grundrecht über den in Art. 2 I GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt gerechtfertigt sein. Jedoch gestatten weder § 12 a VersG noch § 15 PolG das öffentliche Verbreiten von Personenfotos. § 24 KunstUrhG gestattet die Veröffentlichung , etwa für Fahndungszwecke, aber nicht für die Öffentlichkeitsarbeit. Das Informationshandeln zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit rechtfertigt einen Eingriff in ein Grundrecht weder im Hinblick auf die Anfertigung (oben IV 4) noch auf die Verbreitung. Eine andere Rechtsgrundlage ist nicht erkennbar. Somit ist die Veröffentlichung auch wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts rechtswidrig.

Die verwaltungsgerichtliche Klage ist zulässig und begründet, hat also Aussicht auf Erfolg.

Ergänzender Hinweis: Datenschutzrecht - das nach der Aufgabenstellung nicht zu prüfen war - würde am Ergebnis nichts ändern. Weder ergibt sich daraus zugunsten des K ein zusätzlicher, neben Art. 8 GG und den abschließenden Charakter des VersG tretender Rechtswidrigkeitsgrund, noch begründet es zugunsten der P eine Eingriffsermächtigung; vgl. OVG [101-111].

Zusammenfassung