Bearbeiter: RA Dieter Schmalz

Unmittelbarer Anlass für das folgende Thema ist das Laserdrome-Urteil des EuGH. Dessen Verständnis setzt aber die Kenntnis des Ausgangsfalles und des Verfahrens voraus, das in Deutschland vorangegangen ist: die behördliche Verfügung und die Entscheidungen im anschließenden Verwaltungsprozess bis zum (Vorlage-) Beschluss des BVerwG. Von diesem wird deshalb im Folgenden ausgegangen. Er wurde bisher im Juratelegramm nicht behandelt, weil damit gerechnet wurde, dass der EuGH ihn für unvereinbar mit EU-Recht erklärt. Das ist aber nicht geschehen, sondern der EuGH hat ihn als europarechtskonform bestätigt. Er bildet deshalb (weiterhin) die Grundlage für die rechtliche Behandlung dieses Falles, der einStandardfall des Gewerberechts mit Bezügen zum Staatsrecht und nunmehr auch zumEuroparecht ist.

Einschreiten gegenüber einem Gewerbetreibenden nach Gewerberecht (§§ 15 II, 35 GewO). Erlaubnisbedürftigkeit nach §§ 33 c, d und i GewO. Untersagungsverfügung gegenüber gewerblicher Tätigkeit nach der ordnungsrechtlichen Generalklausel, § 14 OBG NRW; Verhältnis der Generalklausel zur GewO. Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Würde des Menschen, Art. 1 I GG

BVerwG Beschluss vom 24. 10. 2001 (6 C 3.01) BVerwGE 115, 189 = JuS 2002, 1030;dazu Szczekalla JA 2002, 992; Gröpl/Brandt VerwArch 2004 (95. Bd.) Heft 2, S. 223 ff.; Aubel JURA 2004 Heft 4, S. 255

Dienstleistungsfreiheit, Art. 49 ff. EGV; zulässige Beschränkungen, Art. 55, 46 EGV

EuGH Urteil vom 14. 10. 2004 (C-36/02; Fall Omega ./.Stadt Bonn) DVBl 2004, 1476 = NVwZ 2004, 1471; Besprechung von Frenz NVwZ 2005, 48

Fall (Laserdrome)

Die Firma Omega Spielhallen-GmbH (F) hat in Bonn ein sog. Laserdrome eröffnet. In einer ca. 600 qm großen Halle ist eine künstliche Landschaft mit felsähnlichen Formationen, Gängen und Hindernissen aufgebaut. Gegen Entgelt dürfen dort volljährige Personen „Lasergun - Der Überlebenskampf im 21. Jahrhundert“ spielen. Sie erhalten ein pistolenähnliches Gerät, das schwache Laserstrahlen aussendet und mit dem sie auf Gegner „schießen“ können. Die Teilnehmer werden mit auf der Brust und auf dem Rücken befestigten Trefferfeldern ausgerüstet, die die Treffer elektronisch registrieren. Das Gesamtgeschehen wird von Techno-Musik, wechselnden Lichteffekten und gelegentlichem Nebel begleitet. Ein Treffer löst ein schauriges Geräusch aus. Eine Partei hat gewonnen, wenn die andere so viele Treffer hat hinnehmen müssen, dass ihr „Ende / Tod“ angezeigt wird.

Nach Anhörung der F erließ die hierfür zuständige Stadtverwaltung B am 14. 9. gegenüber F eine schriftliche und mit Begründung versehene Verfügung, durch die F untersagt wurde, „Spielabläufe zu ermöglichen bzw. zu dulden, die ein gezieltes Beschießen von Menschen mittels Laserstrahl oder sonstiger technischer Einrichtungen (wie z. B. Infrarot) und damit ein ´spielerisches Töten´ von Menschen zum Gegenstand haben.“ Dabei wurde auch auf einen Beschluss des Rates der Stadt B Bezug genommen, wonach simulierte Gewalt- und Tötungshandlungen die Hemmschwelle für derartige Taten in der Realität herabsetzen und gegen die Menschenwürde verstoßen. Auch könnten dadurch Terroristen ausgebildet werden. F legte Widerspruch ein und begründete ihn damit, ihre Kunden könnten sehr wohl zwischen Sport und Wirklichkeit unterscheiden. Auch würden dadurch Aggressionen abgebaut und Gewaltausübungen eher verhindert. Manche Gewaltdarstellungen in Computerspielen und im Fernsehen seien jedenfalls gefährlicher. F wies auch darauf hin, dass sie Franchisenehmerin der Firma Pulsar International Ltd. mit Sitz in Großbritannien ist und dass diese Firma die Ausrüstungsgegenstände liefert, weshalb die Verfügung vom 14. 9. gegen die Grundfreiheiten des Binnenmarktes verstoße. Nachdem der Widerspruch erfolglos geblieben ist, fragt F, ob eine verwaltungsgerichtliche Klage Aussicht auf Erfolg hat.

A. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Es handelt sich um eine nach §§ 40 I, 42 I, II, 68 I VwGO zulässige Anfechtungsklage.

B. Die Begründetheit der Klage hängt nach § 113 I 1 VwGO in erster Linie davon ab, ob die Verfügung vom 14. 9. rechtmäßig ist. Da sich die formelle Rechtmäßigkeit der Verfügung (Zuständigkeit; Anhörung und Begründung als Verfahrenserfordernisse) bereits aus dem Sachverhalt ergibt, kann sogleich die materielle Rechtmäßigkeit geprüft werden. Hierfür bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage.

I. Nach § 15 II GewO kann der Betrieb eines Gewerbes untersagt werden, wenn dafür eine Erlaubnis erforderlich ist und der Gewerbetreibende keine Erlaubnis hat. Diese Vorschrift ist regelmäßig der Einstieg in die Prüfung der Frage, ob ein Gewerbe untersagt werden kann. Dabei sind drei Ergebnisse möglich:

Da F keine gewerberechtliche Erlaubnis hat, ist entscheidend, ob eine Erlaubnis erforderlich ist.

1. Eine Erlaubnis nach Waffenrecht ist zumindest deshalb nicht erforderlich, weil die Laserpistolen keine Waffen i. S. des § 1 II WaffG sind; hierfür müsste die Möglichkeit einer physischen Einwirkung bestehen, was bei schwachen Laserstrahlen nicht der Fall ist (Szczekalla S. 992). – Es kommen also nur gewerberechtliche Erlaubnisse in Betracht. Solche sind in §§ 29 ff. GewO und in Spezialregelungen wie z. B. dem GaststG enthalten.

2. Nach § 33 c I 1 GewO bedarf der Erlaubnis, wer Spielgeräte aufstellen will, „die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind und die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten.“ Für einen „Gewinn“ reicht nicht aus, dass dabei ein Spiel gewonnen werden kann, sondern es ist ein Gewinn in Form von Geld oder Waren erforderlich (Aubel JURA 2004, 256). Ein vermögenswerter Gewinn ist aber bei dem Laserspiel nicht möglich. – Aus dem gleichen Grund scheidet § 33 d aus.

3. Bei § 33 i I 1 GewO reicht aus, dass das Unternehmen „der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33 c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33 d Abs. 1 Satz 1 oder der gewerbsmäßigen Aufstellung von Unterhaltungsspielen ohne Gewinnmöglichkeit dient.“ Bei dem Laserspiel werden keine Spielgeräte bzw. Spiele aufgestellt (1. und 3. Fall der Vorschrift), an denen gespielt werden kann. Die Veranstaltung „anderer Spiele“ (2. Fall) erfasst, wie ein Umkehrschluss aus dem 3. Fall ergibt, nur solche mit Gewinnmöglichkeit. Auch ist fraglich, ob eine Veranstaltung von Spielen in diesem Sinne vorliegt, wenn die Gelegenheit zum Selbstspielen im Vordergrund steht. § 33 i I 1 greift deshalb ebenfalls nicht ein (Aubel a. a. O.; Gröpl/Brandt S. 244; Szczekalla S. 993).

Folglich braucht F keine gewerberechtliche Erlaubnis. Auf § 15 II GewO lässt sich die Untersagung nicht stützen.

II. Gewerbe, die keiner Erlaubnis bedürfen (= erlaubnisfreie Gewerbe), können wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nach § 35 I GewO untersagt werden. Unzuverlässigkeit knüpft an ein persönliches Verhalten an. Die gegen das Spiel erhobenen Bedenken richten sich aber nicht gegen die Person oder das Verhalten der F (Gröpl/Brandt S. 244), was sich auch daran zeigt, dass sie sich gleichermaßen gegen jede Person richten, die derartige Spiele anbietet. F erfüllt somit nicht die für § 35 erforderliche Voraussetzung der Unzuverlässigkeit.

Eine gewerberechtliche Ermächtigung greift nicht ein. § 51 GewO ist nicht zu prüfen, weil die Vorschrift ein Fall der Aufopferung gegen Entschädigung ist und die Behörde im vorliegenden Fall keine Entschädigung zahlen will, sondern eine entschädigungslose Untersagung ausgesprochen hat (vgl. auch Gröpl/Brandt S. 245; BVerwGE 38, 209, 215 ff.).

III. Ermächtigungsgrundlage könnte die landesrechtliche Generalklausel des Ordnungsrechts sein, für Bonn also § 14 I OBG NRW. Danach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.

1. Dann müsste diese Vorschrift auch auf das Einschreiten gegenüber einem Gewerbe anwendbar sein.

a) Ausgeschlossen ist die Anwendung von Landesrecht, soweit dem Landesgesetzgeber keine Gesetzgebungskompetenz zusteht. Das ist der Fall, soweit der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis für das Gewerberecht nach Art. 74 I Nr. 11, 72 II GG abschließend Gebrauch gemacht hat (Art. 72 I GG). Das ist grundsätzlich durch die Gewerbeordnung und die gewerberechtlichen Nebengesetze geschehen, wie § 1 I GewO zeigt. (Allerdings ist der Wortlaut des § 1 I zu streng, insofern Ausnahmen von der Gewerbefreiheit nur „durch dieses Gesetz“ zugelassen sind. Selbstverständlich sind Beschränkungen auch durch speziellere Bundesgesetze wie z. B. das GaststG zulässig.)

b) Die abschließende Wirkung des § 1 GewO wird aber auf solche Maßnahmen beschränkt, die die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit – das Ob – betreffen. Hinsichtlich des Wie der gewerblichen Tätigkeit kann auch Landesrecht Beschränkungen vorsehen. Da der F das Angebot von Laserspielen nicht schlechthin verboten wird, sondern nur in der Form simulierter Tötungshandlungen bzw. „spielerischen Tötens“, lässt sich das Verbot noch als bloßes Einschreiten gegen das Wie der gewerbliche Tätigkeit auffassen. BVerwG S. 192/3: Durch § 1 GewO wird die Anwendung sonstiger Normen, welche die gewerbliche Tätigkeit beeinflussen, nicht ausgeschlossen, denn durch diese Bestimmungen wird nicht die Gewerbeausübung als solche infrage gestellt, sondern lediglich die Art und Weise der Gewerbeausübung eingeschränkt. Einer landesrechtlichen Regelung der Ausübung des Gewerbes steht § 1 GewO nicht entgegen… Daher sind auch gegenüber Gewerbetreibenden ordnungsbehördliche Anordnungen kraft Landesrechts zulässig… Auch § 15 Abs. 2 GewO lässt die Zulässigkeit einer Unterbindung einzelner Spielvarianten, wie sie hier in Rede steht, auf der Grundlage des landesrechtlichen Ordnungsrechts unberührt, wenn damit kein Verbot der Gewerbeausübung verbunden ist. So liegt es hier, weil nicht der Betrieb des Laserdromes als solcher untersagt worden ist.

c) Jedoch ist auch ein Einschreiten gegen die Art und Weise der Berufsausübung ein Eingriff in die nach Art. 12 I GG geschützte Berufsfreiheit und könnte nach Art. 12 I 2 und der für Eingriffe in Grundrechte geltendenWesentlichkeitstheorie eine spezielle gesetzliche Regelung erfordern.

aa) Nach BVerwG S. 194 ist der Gesetzesvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nach Möglichkeit entsprechend den Belangen der jeweils berührten Lebensgebiete durch fachlich orientierte Gesetze auszufüllen. Angesichts der unvorhersehbaren Vielgestaltigkeit aller Lebenserscheinungen kann und muss allerdings auch die Generalklausel Geltung als ein die Berufsausübung regelndes Gesetz beanspruchen.

bb) Eine Grenze für die Anwendung der Generalklausel besteht dann (so BVerwG S. 189 LS 1), wenn es der Sache nach darum geht, eine verbreitete neue Erscheinungsform der Berufsausübung unter Berücksichtigung einer Mehrzahl verschiedener Interessen abwägend zu bewerten. Eine solche Bewertung obliegt dem Gesetzgeber… S. 194: Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine zu treffende neue gesetzliche Regelung…gegenwärtig noch nicht gegeben. Die Spiele haben keine solche Verbreitung, dass die Leistungsfähigkeit der Generalermächtigung zur Regelung von Einzelfällen überfordert wäre. Im Übrigen zitiert das BVerwG Äußerungen aus dem Bundestag und der Bundesregierung, wonach zur Verhinderung derartiger Spiele eine Heranziehung der Generalklausel ausreichend sei.

(Auf S. 195/6 führt das BVerwG noch aus, dass die Generalermächtigung entsprechend den dem Art. 20 III GG entnommenen rechtsstaatlichen Anforderungen hinreichend bestimmt ist und weder gegen Art. 12 I noch gegen Art. 14 verstößt.)

d) Falls F, wozu der Sachverhalt keine Angaben enthält, über eine Baugenehmigung verfügt, steht diese der Anwendung des § 14 OBG nicht entgegen. Denn die Baugenehmigung ist anlagenbezogen, während die Ordnungsverfügung verhaltensbezogen ist und sich lediglich auf eine bestimmte Art und Weise des Spielbetriebs bezieht, für die die Baugenehmigung keine Regelung trifft (Aubel JURA 2004, 256).

e) Somit ist die Anwendbarkeit des § 14 I OBG im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen.

2. Es könnte eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehen. Diese umfasst (1.) den Fortbestand des Staates und seiner grundlegenden Einrichtungen, (2.) den Schutz der Individualgüter des Einzelnen, insbesondere Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum, sowie (3.) die Unversehrtheit der Rechtsordnung insgesamt (Gröpl/Brandt S. 231; Aubel s. 257; Szczekalla S. 993/4).

a) Die Rechtsordnung wird verletzt durch die Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit. § 118 OWiG hat eine grob ungehörige Handlung zur Voraussetzung, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden. Die Laserspiele finden aber in einer geschlossenen Halle statt und wirken sich nicht auf die Allgemeinheit aus, so dass § 118 OWiG nicht eingreift ( Gröpl/Brandt S. 233/4; Szczekalla S. 994).

b) Art. 1 I GG schützt als subjektives Grundrecht des Einzelnen dessen Menschenwürde. Sie wird verletzt, wenn der Einzelne als Objekt oder als prinzipiell minderwertiges Wesen behandelt wird oder wenn sein elementarer Achtungsanspruch verletzt wird (BVerfG NJW 2001, 61, 63; BVerfGE 109, 279 = JurTel 2004 Heft 8 S. 167/8, Großer Lauschangriff; BVerfGE 109, 133 = JurTel 2004 Heft 8 S. 171, Lebenslange Sicherungsverwahrung; BVerfG NJW 2004, 2371 = JurTel 2005 Heft 2 S. 34, Griechenhure). Allerdings wird im vorliegenden Fall der Staat, gegen den sich Art. 1 I jedenfalls primär richtet, in keiner für den Einzelnen abträglichen Weise tätig. Das Gebot zur Achtung der Menschenwürde hat aber Drittwirkung gegenüber Privatpersonen (BVerwG S. 199; Aubel S. 258). Dem folgt auch das BVerwG, das auf S. 199 den Verlauf des Laserspiels schildert und daraus folgert: Darin liegt keine entwürdigende Behandlung eines Mitspielers selbst. Die Treffer auf den Sensoren der Spielanzüge erinnern zwar an Verletzungen oder Tötungen von Menschen. Doch stehen sich die Spieler in diesem Kampfgeschehen prinzipiell „chancengleich“ gegenüber. Dies legt es nicht nahe, in dem einen Mitspieler ein Objekt zu sehen, welches dem anderen hilflos ausgeliefert ist. Als Individualgrundrecht wird Art. 1 I somit nicht verletzt (so auch Aubel S. 259; Gröpl/Brandt S. 235; Szczekalla S. 994).

c) Außerdem enthält Art. 1 I eine objektive Wertentscheidung (Gröpl/Brandt S. 235). Deren Verletzung könnte als Störung der öffentlichen Sicherheit betrachtet werden (Aubel S. 258 m. w. N. Fn. 35); dann wären die nachfolgenden Überlegungen unter 3. bereits hier anzustellen. Andererseits ist zu beachten, dass im Falle der Verletzung der Menschenwürde durch Private den Staat eine Schutzpflicht trifft (Art. 1 I 2). Dieser Pflicht muss der Staat durch ihre Umsetzung in einfaches Recht nachkommen. Die Rspr. geht davon aus, dass hierfür nicht die „öffentliche Sicherheit“, sondern die „öffentliche Ordnung“ das geeignete Tatbestandsmerkmal ist (OVG Münster DÖV 2001, 217, dem folgend BVerwG S. 198 ff.; ferner Szczekalla S. 994; Gröpl/Brandt S. 248/9).

3. Folglich ist eine Verletzung der Menschenwürde als Gefahr für die öffentliche Ordnung zu prüfen. Zur öffentlichen Ordnung gehören die Regeln über das Verhalten der Einzelnen, deren Beachtung nach den herrschenden Auffassungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten Gemeinschaftslebens betrachtet wird ( Gröpl/Brandt S. 237). Hierzu gehört das Gebot zur Achtung der Menschenwürde. Ob dieses durch das Laserspiel verletzt wird, ist streitig.

a) Betrachtet man diese Frage empirisch, muss sie verneint werden. Denn es ist bisher nicht festgestellt, dass ein ausreichend großer Teil der Bevölkerung solche Spiele kennt und ablehnt. Auch spricht gegen einen Verstoß, dass Art. 1 I als Grundrecht nicht verletzt ist (oben 2 b). Eine Gefahr i. S. der Generalklausel wird deshalb verneint von Aubel S. 260; Götz NJW 1998, 684; auch nach Gröpl/Brandt S. 238 ff., S. 256 stößt die gegenteilige Auffassung auf Bedenken; ebenso Szczekalla S. 995 Fn. 25. Für das bayerische Recht hat der BayVGH GewArch 1994, 376 eine Befugnis zum Einschreiten abgelehnt.

b) OVG Münster und BVerwG bejahen dagegen einen Verstoß gegen die Menschenwürde. BVerwG S. 200 ff.: Unterhaltungsspiele können auch dadurch gegen die verfassungsrechtliche Garantie der Menschenwürde verstoßen, dass bei Spielteilnehmern eine Einstellung erzeugt oder verstärkt wird, die den fundamentalen Wert- und Achtungsanspruch leugnet, der jedem Menschen zukommt. Das geschieht insbesondere dann, wenn Gewaltakte gegen Menschen in der Absicht dargestellt werden, den Beteiligten ein sadistisches Vergnügen an dem Geschehen zu vermitteln… Demnach ist ein gewerbliches Unterhaltungsspiel, das auf die Identifikation der Spielteilnehmer mit der Gewaltausübung gegen Menschen angelegt ist und ihnen die lustvolle Teilnahme an derartigen – wenn auch nur fiktiven – Handlungen ermöglichen soll, wegen der ihm innewohnenden Tendenz zur Bejahung oder zumindest Bagatellisierung der Gewalt und wegen der möglichen Auswirkungen einer solchen Tendenz auf die allgemeinen Wertvorstellungen und das Verhalten in der Gesellschaft mit der verfassungsrechtlichen Menschenwürdegarantie unvereinbar… Hiernach ist das OVG ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangt, dass das verbotene Spiel im Laserdrome der Kl. von der Bekl. in der angefochtenen Verfügung zutreffend mit dem Begriff des „spielerischen Tötens“ umschrieben worden ist und dass es gerade von daher seinen besonderen Reiz für die Spieler empfängt. Ein solches simuliertes Töten zu Unterhaltungszwecken wird dem gebotenen Respekt vor der Individualität, Identität und Integrität der menschlichen Persönlichkeit nicht gerecht. Es banalisiert und trivialisiert gerade diejenigen Rechtsgüter, an deren Schutz dem GG besonders gelegen ist… Die Freiwilligkeit der Teilnahme sowie das gegenseitige Einvernehmen der Spieler ist rechtlich unerheblich, weil die aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG herzuleitende Wertordnung der Verfassung nicht im Rahmen eines Unterhaltungsspiels zur Disposition steht.

Folglich besteht wegen der Verletzung der Menschenwürde eine Gefahr für die öffentliche Ordnung.

IV. Insoweit ist F auch (Mit-) Verursacherin der Gefahr und damit Störer (Gröpl/Brandt S. 249). Weitere durchgreifende ordnungsrechtliche Bedenken bestehen weder unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit der Verfügung (BVerwG S. 197/8) noch unter dem der Verhältnismäßigkeit. Wegen der Verletzung des Art. 1 I GG hat die Behörde kein Ermessen (BVerwG S. 202; Aubel S. 260), so dass § 114 VwGO nicht zu prüfen ist. Auch führt der Verweis der F auf Gewaltdarstellungen in Computerspielen und im Fernsehen, gegen die nicht eingeschritten wird, nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 I GG, weil bei diesen die Spiele auf…Bildschirme projiziert werden, ohne dass es zu einer unmittelbaren körperlichen Betroffenheit kommt (OVG Münster DÖV 2001, 217/8). Folglich ist die Verfügung, wenn sie nur nach nationalem, deutschen Rechts beurteilt wird, rechtmäßig.

V. Das so gewonnene Ergebnis könnte aber gegen europäisches Recht verstoßen. Wegen des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts wäre das deutsche Recht dann unanwendbar und könnte die Untersagungsverfügung nicht rechtfertigen. (Deshalb hatte das BVerwG mit dem Beschluss E 115, 189 den Fall nach Art. 234 I a, III EG-Vertrag (EGV) dem EuGH vorgelegt, was zu der EuGH-Entscheidung geführt hat.)

1. Die Maßnahme könnte eine Grundfreiheit des EG-Vertrages beeinträchtigen.

a) Art. 49 EGV gewährleistet die Freiheit des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs, die hier beeinträchtigt sein kann. (Hätte die britische Firma ihr Spiel nicht im Franchise-Verfahren vergeben, sondern in Deutschland eine Filiale errichtet, wäre die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EGV zu prüfen gewesen.) EuGH S. 1476 Rdnr. 25: Insoweit ist festzustellen, dass die streitige Verfügung, indem sie der Kl. untersagt, ihr „Laserdrome“ nach der von Pulsar entwickelten und von dieser im Vereinigten Königreich insbesondere durch Franchising rechtmäßig vermarkteten Spielvariante zu betreiben, den freien Dienstleistungsverkehr beeinträchtigt, den Art. 49 EG sowohl den Erbringern als auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Empfängern solcher Dienstleistungen gewährleistet. Das Verhalten der F fällt somit unter den Schutzbereich des Art. 49 EGV, in den durch die Verfügung eingegriffen wird.

b) Mit der Erbringung der Dienstleistung verbunden ist auch der Vertrieb der zugehörigen Ausrüstungsgegenstände. Die Verfügung hält die F davon ab, diese zu erwerben, und beeinträchtigt dadurch als Handelshemmnis den nach Art. 28 EGV gewährleisteten freien Warenverkehr (EuGH Rdnr. 25; Gröpl/Brandt S. 253). Jedoch prüft der EuGH diesen Aspekt dann nicht weiter, wenn (so S. 1477 Rdnr. 26/7) eine der beiden Freiheiten der anderen gegenüber völlig zweitrangig ist und ihr zugeordnet werden kann… Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens tritt der Aspekt der Warenverkehrsfreiheit hinter den der Dienstleistungsfreiheit zurück. Gröpl/Brandt S. 254: Beim Betrieb von „Tötungsspielen“ hat die Warenverkehrsfreiheit eine bloß akzessorische Bedeutung, so dass sich die Zulässigkeit lediglich nach Art. 49 richtet.

2. Eine Verletzung des Art. 49 EGV liegt nicht vor, wenn die Maßnahme gerechtfertigt ist.

a) Ähnlich wie Art. 30 EGV Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit rechtfertigt, gestattet Art. 46 EGV Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, die nach Art. 55 auf Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit entsprechend anwendbar sind. Somit richtet sich die Rechtfertigung nach Art. 55, 46.

b) Art. 46 gestattet Regelungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit. Nach dem Wortlaut darf sich die Beschränkung gegen Ausländer richten, was auf den vorliegenden Fall nicht zutrifft, weil § 14 OBG sich auch und in erster Linie gegen Inländer richtet und die Behörde F als inländische Firma in Anspruch genommen hat. Wenn aber Maßnahmen sogar nur gegenüber Ausländern möglich sind, müssen sie erst recht unterschiedslos gegenüber Inländern und Ausländern zulässig sein. Der EuGH verzichtet denn auch auf diese Voraussetzung. S. 1477 Rdnr. 28 (vgl. auch Gröpl/Brandt S. 251/2): Nach Art. 46 EGV sind Beschränkungen zulässig, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass die Bekl. in der Begründung der Untersagungsverfügung ausdrücklich ausführt, dass die betroffene Betätigung eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt.

c) EuGH Rdnr. 30 ff.: Jedoch ist der Begriff der öffentlichen Ordnung im Gemeinschaftsrecht, insbesondere wenn er eine Ausnahme von der Grundfreiheit des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen soll, eng zu verstehen, so dass seine Tragweite nicht von jedem Mitgliedstaat einseitig ohne Nachprüfung durch die Organe der Gemeinschaft bestimmt werden darf (…). Folglich ist eine Berufung auf die öffentliche Ordnung nur möglich, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt… Hierbei haben die innerstaatlichen Organe einen Beurteilungsspielraum, um den von Land zu Land unterschiedlichen Besonderheiten Rechnung zutragen. Die Einhaltung der hierfür bestehenden Grenzen wird aber vom EuGH überprüft.

d) Dabei legt der EuGH S. 1477 Rdnr. 32 ff. als Ausgangspunkt zu Grunde, dass die deutschen Behörden und Gerichte – anders als beispielsweise in Großbritannien – in gewerblichen Veranstaltungen mit simulierten Tötungshandlungen eine Verletzung der Menschenwürde, einer gewichtigen Grundrechtsvorschrift, sehen. Er leitet dann dazu über, dass die Grundrechte auch im Gemeinschaftsrecht gelten und dem EGV, der EMRK und den Verfassungsordnungen der Mitgliedstaaten als gemeinsame Grundsätze entnommen werden. Dazu gehört die Würde des Menschen. EuGH Rdnr. 34: Somit ist das Ziel, die Menschenwürde zu schützen, unzweifelhaft mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar… Dabei ist nicht erforderlich, dass (EuGH S. 1478 Rdnr. 37) die von den Behörden eines Mitgliedstaats erlassene beschränkende Maßnahme einer allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Auffassung darüber entspricht, wie das betreffende Grundrecht oder berechtigte Interesse zu schützen ist. Die abweichende Beurteilung des Laserspiels in Großbritannien – und möglicherweise auch in anderen Mitgliedstaaten – ist deshalb für Deutschland nicht maßgeblich.

e) Die diesem Ziel dienenden Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein. Dazu EuGH Rdnr. 36, 39, 40 (wobei der EuGH erst die Angemessenheit und dann die Erforderlichkeit prüft): Im vorliegenden Fall ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Untersagung…dem Grad des Schutzes der Menschenwürde entspricht, der mit dem GG im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt werden sollte. Zum anderen ist festzustellen, dass die streitige Verfügung, mit der nur die Variante des Laserspiels untersagt wird, bei der es darum geht, auf menschliche Ziele zu schießen und somit das Töten von Personen zu spielen, nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des von den zuständigen nationalen Behörden verfolgten Zieles erforderlich ist. Daher kann die Verfügung 14. 9. 1994 nicht als eine Maßnahme angesehen werden, die den freien Dienstleistungsverkehr ungerechtfertigt beeinträchtigt.

3. Die Verfügung verletzt somit auch kein europäisches Recht. Sie ist nach deutschem und europäischen Recht rechtmäßig. Die Anfechtungsklage wird keinen Erfolg haben.

Zusammenfassung