Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Unbefugte Nutzung eines eBay-Kontos. Handeln unter fremdem Namen, §§ 164, 177 BGB analog. Anscheinsvollmacht

BGH
Urteil vom 11. 5. 2011 (VIII ZR 289/09) NJW 2011, 2421 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Gastronomieeinrichtung)

Frau B unterhielt beim Internetauktionshaus eBay ein passwortgeschütztes Konto unter dem Mitgliedsnamen „R“. Am 3. März 2011 wurde unter Nutzung dieses Zugangskontos eine „VIP-Lounge/Gastronomieeinrichtung", die aus zahlreichen gebrauchten Einzelgegenständen bestand, mit einem Eingangsgebot von 1,00 € zum Verkauf angeboten. Das Angebot hatte A, der damalige Verlobte und spätere Ehemann der B, eingestellt. Zu diesem Zweck hatte er sich während einer Abwesenheit der B deren Passwort ohne Zustimmung und Kenntnis der B verschafft. Für Dritte war das nicht erkennbar; allerdings hatte A seine E-Mail-Adresse und seine Mobilfunknummer angegeben. Am 4. März, neun Tage vor Ablauf der Auktion, gab K unter seinem Nutzernamen „M“ ein Maximalgebot von 1.000 € zum Kauf der Einrichtungsgegenstände ab. Einen Tag später wurde die Auktion vorzeitig durch die Rücknahme des Angebots beendet. K war zu diesem Zeitpunkt der Höchstbietende.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen jedes registrierte Mitglied zustimmen muss, enthalten folgende Bestimmungen:

§ 2 Ziffer 9: „Mitglieder haften grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden.“

§ 9 Ziffer 2: „Hat ein Verkäufer ein Verkaufsangebot eingestellt und bricht er die Auktion vor Ablauf der Laufzeit ab, kommt der Vertrag mit dem zu dieser Zeit Höchstbietenden zustande.“

K verlangte von B die Lieferung der Gastronomieeinrichtung, was B verweigerte. Nach vergeblicher Fristsetzung fordert K von B Schadensersatz. Den Wert der Gegenstände beziffert er auf 33.000 €. Davon zieht er den Kaufpreis von 1.000 € ab und verlangt 32.000 €. Zu Recht ?

I. K könnte gegen B einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, III, 281 BGB haben. Dann müsste zwischen K und B ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) über die zur Gastronomieeinrichtung gehörenden Gegenstände zustande gekommen sein.

BGH [8]: Der Abschluss eines Kaufvertrags erfolgt auch in den Fällen, in denen über eine Internetplattform Gegenstände an den Höchstbietenden zum Verkauf angeboten werden, regelmäßig nach den Bestimmungen der §§ 145 ff. BGB (vgl. BGHZ 149, 129 ff.). Daher setzt das Zustandekommen eines Kaufvertrags zwischen den Parteien voraus, dass der Kl. als Höchstbietender entweder ein von der Bekl. selbst abgegebenes oder ihr jedenfalls zurechenbares Verkaufsangebot (wirksam) angenommen hat. Selbst abgegeben hat B kein Verkaufsangebot. Ihr könnte aber ein durch A abgegebenes Angebot zuzurechnen sein.

1. Eine solche Zurechnung erfolgt über § 164 I BGB, wenn eine wirksame Stellvertretung vorliegt.

a) Diese setzt ein Handeln im fremden Namen voraus. Hierfür ist wiederum Voraussetzung, dass dem Geschäftspartner, hier dem K, deutlich wird, dass ihm zwei Personen gegenüberstehen: der Erklärende und derjenige, dem gegenüber die Rechtsfolgen der Erklärung eintreten sollen. Bezieht man den Geschäftspartner mit ein, muss eine „Dreierkonstellation“ vorliegen (Stadler JA 2011, 627).

Im vorliegenden Fall ist K davon ausgegangen, dass der Inhaber des eBay-Kontos das Angebot zum Verkauf der Gastronomieeinrichtung abgegeben hat und nicht A, eine andere Person. Dass A seine Mail-Adresse und seine Handynummer angegeben hat, war kein hinreichender Hinweis darauf, dass A eine andere Person als der Inhaber des Kontos war. Mail-Adresse und Handynummer dienen nicht der Identifikation des Verkäufers, sondern erhalten für den Vertragspartner erst dann Bedeutung, wenn er mit dem Verkäufer in einen über den Vertragsschluss hinausgehenden Kontakt treten will. Somit hat A nicht im fremden Namen gehandelt.

b) Weiterhin hatte A auch keine Vertretungsmacht, da B mit dem Auftreten des A über ihr eBay-Konto nicht einverstanden war.

Über eine unmittelbare Anwendung des § 164 I BGB lässt sich das Handeln des A der B nicht zurechnen.

2. Hätte A das Angebot, das er über eBay eingestellt hat, als eigenes abgegeben, würden weitere Überlegungen zu der Frage, ob das Handeln des A der B zuzurechnen ist, ausscheiden.

a) Irrt sich der Empfänger einer Erklärung zwar über die Person des Erklärenden, kommt es ihm aber nicht auf die Person an, sondern auf eine bestimmte Funktion an, so wird derjenige, der diese Funktion innehat, Vertragspartner. Es handelt sich um einen Vertragsschluss „mit dem, den es angeht.“ Beispiele sind Bargeschäfte im Handel: Glaubt der Kunde in einem Laden, er werde von einem den Geschäftsinhaber vertretenden Angestellten bedient, während in Wirklichkeit der Inhaber selbst handelt, kommt der Vertrag entsprechend dem Willen der Beteiligten mit dem Geschäftsinhaber zustande, der Irrtum über die Person des Handelnden ist irrelevant (Stadler JA 2011, 627/8).

b) Im vorliegenden Fall hat K sich über die Person dessen geirrt, der das Verkaufsangebot abgegeben hat: Er hat geglaubt, die Inhaberin des eBay-Kontos habe ihm ein Angebot gemacht, während es in Wirklichkeit A war. Er wollte aber nicht mit einem Dritten abschließen, sondern mit dem Inhaber des eBay-Kontos. Ihm war es nicht gleichgültig, wer sein Vertragspartner wurde, zumal der Vertrag nur sinnvoll war, wenn derjenige aus dem Vertrag verpflichtet war, der über die angebotenen Gegenstände verfügen konnte.

BGH [6]: Aus Sicht der potentiellen Käufer war die Bekl. Urheberin des Verkaufsangebots. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der im Angebotstext erfolgten Angabe der E-Mail-Adresse und der Mobilfunknummer des Ehemanns der Bekl. ableiten…Denn für einen objektiven Empfänger erschöpft sich der Gehalt der gemachten Angaben in der bloßen Mitteilung von Kontaktadressen und -daten. Tragfähige Rückschlüsse auf die Identität des Verkäufers lassen diese Angaben nicht zu. Vielmehr sind insoweit für einen potentiellen Vertragspartner die auf der Internet-Plattform eBay abrufbaren Angaben zur Person und Anschrift des Kontoinhabers ausschlaggebend (vgl. auch OLG München NJW 2004, 1328;…). So auch Borges NJW 2011, 2401: Dritte wollen mit dem Kontoinhaber kontrahieren und nicht mit einer beliebigen anderen Person, die das Konto nutzt. Folglich wird bei Nutzung fremder Konten kein Vertrag mit dem tatsächlich Handelnden geschlossen.

Über einen Vertragsschluss „mit dem, den es angeht“, lässt sich somit nicht folgern, dass A Vertragspartner des K war. Vielmehr bleibt möglich, dass die Erklärung des A der B zugerechnet wird.

3. Eine Zurechnung könnte über eine Analogie zu § 164 BGB im Falle eines Handelns unter fremdem Namen erfolgen.

a) Führt bei der Abgabe einer Erklärung das Verhalten des Erklärenden dazu, dass der Empfänger der Erklärung glaubt, die Erklärung stamme von einer anderen Person, und ist die Person des Erklärenden für den Empfänger nicht gleichgültig, so liegt der Tatbestand des Handelns unter fremdem Namen vor. Ihm liegt eine Täuschung sowie ein Irrtum über die Identität des Erklärenden zugrunde. Im vorliegenden Fall hat K geglaubt, die Kontoinhaberin B habe das Angebot eingestellt, während es in Wirklichkeit A war. K hat sich über die Identität dessen, der das Angebot eingestellt hat, geirrt. Somit hat A unter dem Namen der B, also unter fremdem Namen, gehandelt.

b) BGH [11]: Wird bei der Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und wird dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen, finden die Regeln über die Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) und die hierzu entwickelten Grundsätze entsprechende Anwendung, obwohl dem Handelnden ein Vertretungswille fehlte (BGH NJW 1966, 1069; NJW 2006, 2113 Rdnr. 11). Dies gilt auch für Geschäfte, die über das Internet abgewickelt werden (OLG München NJW 2004, 1328.;…OLG Hamm NJW 2007, 611, 612; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 164 Rn. 10 f., § 172 Rn. 18). Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet den Namensträger daher regelmäßig nur dann, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog…) oder vom Namensinhaber nachträglich genehmigt worden ist (§ 177 Abs. 1 BGB analog) oder wenn die Grundsätze über die Anscheins- oder die Duldungsvollmacht eingreifen (vgl. OLG Hamm a. a. O.;…MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 164 Rn. 44 m. w. N.…). Nachfolgend sind diese Voraussetzungen zu prüfen.

aa) Ein vorheriges Einverständnis der B mit dem Handeln des A (§ 164 I BGB analog) lag nicht vor.

bb) B hatte das Verkaufsangebot des A auch nicht durch Dulden - analog einer Duldungsvollmacht - gebilligt.

BGH [15]: Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es willentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftspartner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen Erklärungen bevollmächtigt ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH NJW 2002, 2325 unter II 3 a bb (1);… NJW 2007, 987 Rn. 19; m. w. N.). Bei einem unter Verwendung einer fremden Identität getätigten Geschäft des Namensträgers finden diese Grundsätze mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass hierbei auf dessen Verhalten abzustellen ist. Einen solchen Duldungstatbestand hat die Bekl. …nicht geschaffen. Nach den…Feststellungen hatte die Bekl. ihrem Ehemann die Zugangsdaten für ihr Mitgliedskonto bei eBay nicht offen gelegt und von dessen Vorgehen auch keine Kenntnis; vielmehr hat dieser das von ihr eingerichtete Mitgliedskonto während einer Ortsabwesenheit der Bekl. ohne deren Wissen und Einverständnis unter Verwendung der ihm zufällig bekannt gewordenen Zugangsdaten zum Verkauf des Gaststätteninventars genutzt.

cc) Eine nachträgliche Genehmigung analog § 177 I BGB st ebenfalls nicht erfolgt.

4. In Betracht kommt eine Zurechnung analog der Anscheinsvollmacht. BGH [16]: Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters (st. Rspr.; vgl. BGH WM 1977, 1169 unter IV m. w. N.; NJW 2007, 987 Rdnr. 25;…BGHZ 166, 369 Rn. 17). Allerdings greifen die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten glaubt schließen zu können, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (BGH NJW 2007, 987;…NJW 2006, 1971).

Da die Anscheinsvollmacht primär auf dem Gedanken des Rechtsscheins und der Vertrauenshaftung beruht (ausführlich hierzu Borges NJW 2011, 2401 f.), empfiehlt es sich, die vom BGH aufgeführten Voraussetzungen in umgekehrter Reihenfolge zu prüfen.

(1) Der Geschäftspartner muss annehmen dürfen, der Erklärende habe Vollmacht oder dürfe unter dem Namen des Vertretenen handeln. Hierfür muss der Erklärende einen Vertrauenstatbestand gesetzt haben, und der Geschäftspartner muss insoweit gutgläubig sein. Für den Vertrauenstatbestand ist eine gewisse Dauer und Häufigkeit des Auftretens erforderlich.

BGH [18]: Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor, weil der Ehemann der Bekl. deren eBay-Zugang im vorliegenden Fall zum ersten Mal genutzt hat. Es fehlt daher an einem…Vertrauenstatbestand.

Auf das Erfordernis einer gewissen Häufigkeit oder Dauer der unbefugten Verwendung ihres Mitgliedskontos kann nicht schon deswegen verzichtet werden, weil dieses im Internetverkehr aufgrund der bei eBay erfolgten Registrierung allein der Bekl. zugeordnet wird. Denn auch wenn den Zugangsdaten für die Internetplattform eBay eine Identifikationsfunktion zukommt, weil das Mitgliedskonto nicht übertragbar und das ihm zugeordnete Passwort geheim zu halten ist (vgl. BGHZ 180, 134 Rn. 18 - Halzband), kann hieraus…auch bei einem eBay-Account (vgl. zu den vielfältigen Möglichkeiten des Ausspähens und „Diebstahls“ von Zugangsdaten Borges, NJW 2005, 3313 ff.) nicht zuverlässig geschlossen werden, dass unter einem registrierten Mitgliedsnamen ausschließlich dessen tatsächlicher Inhaber auftritt (…).


(2) Unabhängig davon liegt auch die weitere Voraussetzung nicht vor, dass der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können. BGH [17]: Es ist der Bekl., die sich zum Zeitpunkt der unbefugten Nutzung ihres eBay-Mitgliedskontos bei ihrer Mutter in H. aufhielt, nicht zum Vorwurf zu machen, sie hätte bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können, dass sich ihr Ehemann während ihrer Abwesenheit ihres eBay-Kontos bedient… Der Umstand, dass sich der Ehemann der Bekl. von deren Zugangsdaten auf nicht näher bekannte Weise Kenntnis verschafft hat, besagt noch nicht, dass die Bekl. mit einer unbefugten Nutzung ihres Mitgliedskontos durch ihren Ehemann hätte rechnen müssen.

Somit liegen die Voraussetzungen für eine Anscheinsvollmacht nicht vor. Aus dieser lässt sich das Handeln des A der B nicht zurechnen.

5. Es sind weitere Zurechnungsgründe in Betracht zu ziehen.

a) Ein Zurechnungsgrund, nach dem B für die Erklärung des A einzustehen hat, könnte sich daraus ergeben, dass B ihr Passwort offensichtlich nicht sorgfältig genug verwahrt hat.

BGH [19]: Zwar hat der BGH im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts eine unsorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines eBay-Mitgliedskontos als eigenständigen Zurechnungsgrund für von einem Ehegatten unter Verwendung dieses Kontos begangene Urheberrechts- und/oder Markenrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstöße genügen lassen (BGHZ 180, 134 - Halzband; BGHZ 185, 330 Rn. 14 - Sommer unseres Lebens).

Diese für den Bereich der deliktischen Haftung entwickelten Grundsätze lassen sich jedoch nicht auf die Zurechnung einer unter unbefugter Nutzung eines Mitgliedskontos von einem Dritten abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung übertragen. Denn während im Deliktsrecht der Schutz absoluter Rechte Vorrang vor den Interessen des Schädigers genießt, ist bei der Abgabe von auf den Abschluss eines Vertrages gerichteten Erklärungen eine Einstandspflicht desjenigen, der eine unberechtigte Nutzung seines passwortgeschützten Mitgliedskontos ermöglicht hat, nur dann gerechtfertigt, wenn die berechtigten Interessen des Geschäftspartners schutzwürdiger sind als seine eigenen Belange (vgl. BGHZ 180, 134 Rn. 19). Dies ist nicht schon allein deswegen der Fall, weil der Kontoinhaber bei eBay ein passwortgeschütztes Mitgliedskonto eingerichtet und sich den Betreibern dieser Plattform zur Geheimhaltung der Zugangsdaten verpflichtet hat (…).

b) § 2 Ziff. 9 der AGB von eBay ist schon deshalb kein Zurechnungsgrund für rechtsgeschäftliche Erklärungen, weil er lediglich eine „Haftung“ regeln will und deshalb allenfalls im Rahmen einer Schadensersatzforderung bedeutsam werden kann (dazu noch unten II). So hatte das OLG im vorliegenden Fall ausgeführt (vgl. BGH [6]), aus der Bestimmung in § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay lasse sich nicht entnehmen, dass eine unter dem Namen des Kontoinhabers abgegebene Erklärung diesem als eigene Erklärung zugerechnet werde.

c) Ein Bedürfnis für eine Rechtsfortbildung besteht nicht. BGH [20]: Das Gesetz (vgl. §§ 164, 177, 179 BGB [analog]) weist das Risiko einer fehlenden Vertretungsmacht des Handelnden dem Geschäftsgegner zu und nicht demjenigen, in oder unter dessen Namen jemand als Vertreter oder scheinbarer Namensträger auftritt. (Ebenso Borges NJW 2011, 2401 m. w. N. Fn. 9.) Folglich trägt K dieses Risiko. Wann davon Ausnahmen gemacht werden können, ergibt sich aus den Überlegungen oben 3. und 4. Liegen die dort aufgestellten Voraussetzungen nicht vor, bleibt es dabei, dass eine Zurechnung nicht erfolgt.

Ergebnis zu I. Die Erklärung des A wird B nicht zugerechnet. Zwischen K und B ist kein Kaufvertrag zustande gekommen. K hat gegen B keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, III, 281 BGB.

II. Der BGH zieht die vertragliche Vereinbarung einer Schadensersatzverpflichtung durch § 2 Ziff. 9 der AGB in Betracht, verneint dies jedoch. [20, 21]:

Eine Haftung der Bekl. lässt sich schließlich auch nicht aus § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay ableiten. Diese sehen zwar vor, dass Mitglieder grundsätzlich für „sämtliche Aktivitäten“ haften, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden. Da diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch jeweils nur zwischen eBay und dem Inhaber eines Mitgliedskontos vereinbart sind, kommt ihnen keine unmittelbare Geltung zwischen Anbieter und Bieter zu. Sie können allenfalls für die Auslegung der vor ihrem Hintergrund erfolgten Erklärungen Bedeutung gewinnen. Die vom Ehemann der Bekl. unter ihrem Namen abgegebenen Erklärungen können der Bekl. nur über die - vorliegend nicht eingreifenden - Grundsätze der Duldungs- oder der Anscheinsvollmacht zugerechnet werden. Eine darüber hinausgehende Haftung könnte die Klausel nur dann begründen, wenn hierin zugunsten zukünftiger Vertragspartner ein Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB oder ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu sehen wäre… Ob dies der Fall ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn eine solche in ihrem Umfang unbegrenzte Haftungsverpflichtung des Kontoinhabers gegenüber beliebig vielen potentiellen Auktionsteilnehmern ginge weit über die Rechtsgrundsätze der Rechtsscheinhaftung hinaus und hielte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand, da sie bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auch für die Fälle Geltung beanspruchen würde, in denen der Kontoinhaber die unbefugte Nutzung des Mitgliedskontos weder kannte noch diese hätte verhindern können… Die in § 2 Ziffer 9 der AGB von eBay vorgesehene Haftungsregelung kann daher allenfalls - ähnlich wie dies bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Herausgeber von EC-Karten der Fall ist (vgl. hierzu etwa GHZ 160, 308, 312) - eine Einstandspflicht des Kontoinhabers gegenüber dem Plattformbetreiber für diesem entstandene Schäden begründen.

 

III. Es sind die vom BGH in vorstehendem Text angesprochenen Anspruchsgrundlagen Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (§ 328 BGB analog) zu prüfen. Vertrag kann der zwischen eBay und B geschlossene Vertrag über die Einrichtung und Nutzung des Kontos sein. Schuldnerin ist die möglicherweise haftende B, Gläubiger ist eBay, K ist Dritter.

1. Für einen echten Vertrag zugunsten Dritter wäre erforderlich, dass K aus diesem Vertrag einen Leistungsanspruch gegen B erwerben soll. Jedoch findet sich dafür in dem Vertrag zwischen eBay und B keine Grundlage. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Firma eBay Leistungsverpflichtungen nur gegenüber den Inhabern der Konten begründen will, nicht dagegen gegenüber einer nicht überschaubaren Zahl Dritter.

2. Eine Schutzwirkung zugunsten Dritter könnte die Verpflichtung der B gegenüber eBay zur sorgfältigen Verwahrung und Geheimhaltung des Passworts haben.

a) Voraussetzungen für einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sind Leistungsnähe des Dritten; ein Interesse des Gläubigers am Schutz des Dritten; die Erkennbarkeit des geschützten Dritten für den Schuldner; eine Schutzbedürftigkeit des Dritten, für die wiederum Voraussetzung ist, dass dieser keinen eigenen vertraglichen Anspruch hat. Für die zweite Voraussetzung, das Interesse des Gläubigers am Schutz des Dritten, wird verlangt, dass der Gläubiger gegenüber dem Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht obliegt, ihm gleichsam dessen „Wohl und Wehe" anvertraut ist (BGHZ 159, 1, 8; BGH NJW 2001, 3115, 3116 m. w. N.). Das trifft auf das Verhältnis zwischen eBay und K nicht zu. Für die Firma eBay ist K lediglich der mögliche Vertragspartner einer Nutzerin ihrer Konten. Somit ist der Vertrag zwischen eBay und B kein Vertrag mit Schutzwirkung für K.

b) Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte würde auch von seiner Rechtsfolge her den Anspruch des K nicht rechtfertigen. Die von K verlangten 32.000 € sind das Erfüllungsinteresse (positive Interesse) aus einem vermeintlichen Kaufvertrag, der in Wirklichkeit aber nicht zustande gekommen ist. Der Vertrag mit Schutzwirkung begründet Rücksichtnahmepflichten i. S. des § 241 II BGB, setzt bestehende Rechte, Rechtsgüter oder Interessen des Geschädigten voraus und greift bei deren Verminderung ein, richtet sich also nur auf Ersatz des negativen Interesses. Die 32.000 € sind kein negatives Interesse.

Gesamtergebnis: K hat gegen B keinen Anspruch auf Zahlung von 32.000 €.

Abgrenzungshinweis:

In der zeitlich nachgehenden BGH-Entscheidung (Urt. v. 08.06.2011 - VIII ZR 305/10 – Kein Vertragsschluss bei zulässigem Auktionsabbruch auf Grundlage von eBay-AGB) hat der BGH in einer abweichenden Sachverhaltskonstellation und unter Geltung veränderter AGB klargestellt, dass bei einem nach den AGB zulässigem Abbruch der Versteigerung (dort: Diebstahl der zu versteigernden Sache) gerade kein Vertrag zustande kommt.


Zusammenfassung