Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Bereicherungsrecht (§ 812 I BGB); Leistung auf Anweisung im Dreiecksverhältnis; Vorrang der Leistungsbeziehung; Nichtleistungskondiktion; Veranlasserfälle. Recht der Zahlungsdienste (§§ 675 c ff. BGB); Zahlungsdienstevertrag (§ 675 f BGB); Banküberweisung; Stornierung des Überweisungsauftrags. Bedeutung der Autorisierung nach § 675 j BGB; Rechtsfolge fehlender Autorisierung für den Bereicherungsausgleich

BGH
Urteil vom 16. 6. 2015 (XI ZR 243/13) NJW 2015, 3093 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Fehlgeschlagene Überweisung)

B vermittelt unter seiner Firma P Bauaufträge. Am 24. 11. stellte Firma P der S-Solarbau für die Vermittlung eines Auftrags zur Errichtung einer Solaranlage eine Provision in Höhe von 10.000 Euro in Rechnung. Am 8. 12. erteilte S ihrer Bank, der K-Bank, den Auftrag, 5.000 Euro an die Firma P zu überweisen und dieser davon Mitteilung zu machen. K führte den Überweisungsauftrag aus und teilte der Empfängerseite mit, dass 5.000 Euro auf das angegebene Konto bei der Postbank überwiesen worden seien. Die Postbank schrieb den Betrag aber nicht gut, sondern gab den Auftrag an die K-Bank zurück, weil die Überweisung laut Auftrag an die Firma P gehen sollte, das Konto aber auf den Namen des B lautete, so dass die Postbank einen Fehler vermutete. Ein Mitarbeiter (M1) der K-Bank informierte S am 12. 12. 11:00 Uhr telefonisch über das Fehlschlagen der Überweisung. S vereinbarte mit M1, dass die Bank die Überweisung nicht mehr ausführen sollte, und nahm die Überweisung selbst online vor. B wurden 5.000 Euro auf dem Postbankkonto gutgeschrieben. Am selben Tage gegen 12:00 Uhr hatte sich B bei einer Mitarbeiterin der K (M2) nach dem Verbleib des Überweisungsbetrages erkundigt und darauf hingewiesen, dass die Kontobezeichnung richtig war. Daraufhin veranlasste M2 erneut die Überweisung von 5.000 Euro, die zu einer Gutschrift von weiteren 5.000 Euro auf dem Postbankkonto des B führten. Weder M2 noch B hatten Kenntnis von der Vereinbarung zwischen S und M1. B wusste damals auch noch nicht, dass S bereits 5.000 Euro überwiesen hatte.

Nachdem S die Belastung ihres Kontos mit weiteren 5.000 Euro bemerkt und sich gegenüber der K-Bank auf die Vereinbarung vom 12. 12. berufen hatte, schrieb K ihr den Betrag von 5.000 Euro wieder gut. Nunmehr verlangt die K-Bank von B Rückzahlung der von ihr überwiesenen 5.000 Euro, weil die Überweisung auf einem Irrtum beruht habe. B verweigert die Rückzahlung mit der Begründung, er habe die Gutschrift als Zahlung der S, die ihm insgesamt 10.000 Euro geschuldet habe, und damit zu Recht erhalten. Auf Anfrage der K hat S bestritten, dass sie eine Provision in dieser Höhe geschuldet habe, es seien lediglich 5.000 Euro Provision vereinbart worden. Ist der Anspruch der K gegen B begründet?

I. Vertragliche Beziehungen bestehen zwischen der K-Bank und B nicht; sie bestehen nur zwischen S und K und B und S. Anspruchsgrundlage für K könnte ein Anspruch aus § 812 I 1 BGB sein. Die Voraussetzung, dass B etwas erlangt hat, ist dadurch erfüllt, dass B infolge der von M2 veranlassten Überweisung (weitere) 5.000 Euro auf seinem Konto bei der Postbank gutgeschrieben wurden.

II. B könnte den Betrag durch Leistung der K erlangt haben. Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens.Hauptsächlicher Zweck in diesem Sinne ist, eine Verbindlichkeit zu erfüllen. Eine Bank nimmt eine Überweisung nicht zu dem Zweck vor, gegenüber dem Empfänger des Betrages eine Verpflichtung zu erfüllen, sondern ausschließlich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gegenüber ihrem Kunden und Kontoinhaber. Deshalb hat K keine Verpflichtung gegenüber B erfüllen wollen und hat auch keinen anderen Zweck gegenüber B verfolgt. B hat also die 5.000 Euro nicht durch Leistung der K erlangt.

III. B könnte die 5.000 Euro in sonstiger Weise auf Kosten der K erlangt haben. Eine Kondiktion wegen einer Vermögensverschiebung in sonstiger Weise (Nichtleistungskondiktion) ist subsidiär gegenüber der Leistungskondiktion. Leistungsbeziehungen haben Vorrang vor der Anwendung des § 812 I 1 Fall 2 BGB, vor allem auch dann, wenn ein Dritter das Erlangte geleistet hat (vgl. die Besprechung des Falles von K. Schmidt JuS 2016, 72 auf S. 73: „Wer durch irgendjemandes Leistung bereichert ist, ist keinerlei Nichtleistungskondiktion ausgesetzt“) . Danach scheidet eine Anwendung des § 812 I 1 Fall 2 BGB im Verhältnis K - B aus, wenn die 5.000 Euro, die aus dem Vermögen der K an B gelangt sind, von S an B geleistet wurden. In diesem Fall müsste K den Rückzahlungsanspruch gegenüber S geltend machen, etwa indem sie die Gutschrift der 5.000 Euro storniert und S wieder belastet.

1. Eine Leistung der S an B könnte sich, da S tatsächlich keine Zuwendung an B bewirkt hat, nur aus einer Anwendung der Grundsätze über eine Leistung auf Anweisung ergeben. Die hiermit angesprochene Anweisung ist ein allgemeines Rechtsinstitut und kein Anwendungsfall der in §§ 783 - 792 BGB geregelten Anweisung, die nur den speziellen Fall behandelt, dass demjenigen, der die Leistung erhalten soll, eine Urkunde ausgehändigt wird, die ihn zur Entgegennahme der Leistung vom Angewiesenen ermächtigt (vergleichbar mit einem Scheck).

a) Hauptfall der Zahlung auf Anweisung ist die Banküberweisung. Beteiligte an dem für Anweisungsfälle typischen Dreiecksverhältnis sind: Bankkunde/Kontoinhaber/Anweisender - Bank/Angewiesene - Zuwendungs-/Leistungs-/Zahlungsempfänger; im vorliegenden Fall sind das S, K und B. Überweisungsauftrag und die diesen ausführende Zahlung der Bank bewirken zwei Leistungen: eine Leistung der Bank an den anweisenden Kontoinhaber - im Deckungsverhältnis - und eine Leistung des Anweisenden an den Zahlungsempfänger - im Valutaverhältnis -. BGH [17] Nach dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff bewirkt der Angewiesene…mit seiner Zuwendung an den Leistungsempfänger zunächst eine eigene Leistung an den Anweisenden und zugleich eine Leistung des Anweisenden an den Leistungsempfänger (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 176, 234 Rn. 9…m. w. N.). Im Zuwendungsverhältnis zwischen Bank und Zahlungsempfänger erfolgt keine Leistung (Bank ist nur Leistungsmittler; vgl. bereits oben II); dort bedarf es auch keines Rechtsgrundes. Ein Rechtsgrund ist erforderlich jeweils im Deckungsverhältnis und im Valutaverhältnis. Fehlt er, ist die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung innerhalb des fehlerhaften Verhältnisses vorzunehmen, nicht jedoch zwischen Bank und Leistungsempfänger (K. Schmidt JuS 2016, 73 und Fn. 9 m. w. N.)

b) Nach diesen Grundsätzen hätte K 5.000 Euro an S gezahlt und S 5.000 Euro an B. B hätte den Betrag durch Leistung der S erhalten, eine Vermögensverschiebung zwischen K und B in sonstiger Weise würde wegen des Vorrangs der Leistungsbeziehung ausscheiden. Ist die Auffassung der S zutreffend, dass B nur einmal 5.000 Euro verlangen kann, müsste S die von M2 auf ihre Rechnung überwiesenen und zu viel gezahlten 5.000 Euro von B zurückverlangen.

2. Voraussetzung für eine Anwendung dieser Grundsätze ist aber grundsätzlich eine wirksame Anweisung (BGHZ 167, 171; NJW 2015, 2725 - Widerruf der Kontovollmacht, dort [17]).

a) Bei der Banküberweisung muss also ein wirksamer Überweisungsauftrag erteilt worden sein. Fehlt dieser, lässt sich weder eine Leistung der Bank an den Kontoinhaber noch eine des Kontoinhabers an den Zahlungsempfänger begründen. BGH [18] Statt dessen hat die Bank einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB gegen den Zuwendungsempfänger… In diesen Fällen hat der Angewiesene lediglich erfolglos versucht, eine Leistung an den Anweisenden zu erbringen. Der Zuwendungsempfänger ist daher in sonstiger Weise auf Kosten des Angewiesenen bereichert und dessen Anspruch aus Nichtleistungskondiktion ausgesetzt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zuwendungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung kannte oder nicht kannte (vgl. BGH WM 2010, 1218 Rn. 32 m. w. N.). In der Rspr. des BGH (…) ist deshalb anerkannt, dass im Falle der Vornahme einer Zahlung durch die Bank aufgrund einer Fälschung oder Verfälschung des Überweisungsauftrages, Schecks oder Wechsels der Bank ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB gegen den Zuwendungsempfänger zusteht. Das gleiche gilt auch in den Fällen, in denen der Anweisende geschäftsunfähig war (BGHZ 111, 382, 384 ff.) oder für ihn ein geschäftsunfähiger (BGHZ 158, 1, 5 ff.) bzw. ein nur gesamtvertretungsberechtigter Vertreter gehandelt hat (BGHZ 147, 145, 149 ff.). An diesen Grundsätzen hat sich durch das am 31. Oktober 2009 in Kraft getretene neue Zahlungsverkehrsrecht nichts geändert. Sie stimmen mit den gesetzlichen Wertungen der §§ 675 j, 675 u BGB überein.

b) Ob im vorliegenden Fall ein wirksamer Überweisungsauftrag vorlag, ist nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre und auch in Anwendung der Vorschriften über den Zahlungsdienstevertrag (§§ 675 f und folgende BGB) zu entscheiden. Zwischen S und K bestand ein Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 675 f II BGB; übliche Bezeichnung: Girovertrag), innerhalb dessen eine von S in Auftrag gegebene Überweisung durch K auszuführen war und sich nach §§ 675 f und folgende BGB richtete. Im Recht der Zahlungsdienste heißt die Bank Zahlungsdienstleister und der Bankkunde Zahler (§ 675 f I BGB).

aa) Ursprünglich hatte S der K einen wirksamen Überweisungsauftrag erteilt. BGH [15] Jedoch haben S und K, diese vertreten durch M1, noch vor Vollendung des Zahlungsvorgangs (§ 675 f Abs. 3 Satz 1 BGB) vereinbart, den Auftrag nicht mehr auszuführen… Beide waren übereingekommen, dass S die Überweisung online durchführen und der Überweisungsauftrag vom 8. Dezember nicht mehr ausgeführt werden sollte. Darin liegt …kein einseitiger Widerruf des Zahlungsauftrags im Sinne des § 675 p BGB… Vielmehr haben K und S im Rahmen der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) eine übereinstimmende rechtsgeschäftliche Vereinbarung (§§ 133, 157 BGB) des Inhalts getroffen, dass der ursprünglich erteilte Zahlungsauftrag storniert wurde. Einer solchen Vereinbarung steht weder das nationale Zahlungsverkehrsrecht noch die Zahlungsdiensterichtlinie entgegen (vgl..…MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675 p Rn. 3; Grundmann in Großkomm, HGB, 5. Aufl., Bankvertragsrecht Dritter Teil Rn. 304). Im Gegenteil eröffnet das neue Zahlungsverkehrsrecht im Falle einer fehlgeschlagenen Überweisung ausdrücklich die Möglichkeit, dass Zahler und Zahlungsdienstleister übereinstimmend Abstand vom erteilten Zahlungsauftrag nehmen. So hat nach § 675 r Abs. 3 BGB der Zahlungsdienstleister dem Zahler unverzüglich mitzuteilen, wenn der angegebenen Kundenkennung kein Zahlungskonto oder kein Zahlungsempfänger zugeordnet werden kann. Das gilt über den Wortlaut des § 675 r Abs. 3 BGB hinaus auch, wenn dem Zahlungsdienstleister das Auseinanderfallen von Kundenkennung und Empfängername auffällt (…) oder - wie hier - ihm von der Empfängerbank mitgeteilt wird. Auf diese Mitteilung hin können Zahler und Zahlungsdienstleister sowohl die erneute Ausführung des präzisierten oder berichtigten Zahlungsauftrages als auch dessen Stornierung vereinbaren (…).

bb) Ist - wie im vorliegenden Fall - der Überweisungsauftrag durch Vereinbarung aufgehoben worden, fehlt es an der für die Anwendung der Grundsätze über Banküberweisungen erforderlichen Anweisung. Bliebe es im vorliegenden Fall bei dieser Rechtslage, wären die Grundsätze über die Zahlung auf Anweisung nicht anwendbar. S hätte nicht an B geleistet.

c) BGH [19] Abweichend von diesen Grundsätzen hat der BGH dagegen die Rechtslage bewertet, wenn die Bank den Widerruf einer Überweisung oder eines Dauerauftrags oder die Kündigung eines Überweisungsauftrags irrtümlich nicht beachtet oder versehentlich eine Zuvielüberweisung vorgenommen hat.

aa) In diesen Fällen ist nach der bisherigen Rspr. des BGH die Anweisung durch den Kontoinhaber mitveranlasst worden [deshalb „Veranlasserfälle“], und dieser hat gegenüber dem Zuwendungsempfänger den zurechenbaren Rechtsschein einer Leistung gesetzt. Die Bank muss sich deshalb grundsätzlich an den Kontoinhaber halten, weil der Fehler, die weisungswidrige Behandlung des Kundenauftrags, im Deckungsverhältnis wurzelt und deshalb in diesem Verhältnis zu bereinigen ist (BGHZ 61, 289, 293 f., 87, 246, 249 f., 89, 376, 381). Steht in solchem Fall dem Zahlungsempfänger das Geld nicht zu, kann gleichwohl die Bank den Kunden wie bei einer fehlerlosen Überweisung belasten; der Kunde muss sich das Geld vom Zahlungsempfänger zurückholen (K. Schmidt JuS 2016, 74; Jansen JZ 2015, 950, 953 in einer ausführlichen Besprechung der BGH-Entscheidung).

bb) BGH [19] Der vorliegende Sachverhalt fällt unter diese Ausnahmekonstellation, weil sowohl die Stornierungsvereinbarung dem des Widerrufs bzw. der Kündigung gleichgestellt ist als auch der Fall der Zuvielüberweisung gegeben ist. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung bliebe es bei einer Anwendung der Grundsätze über die Anweisung und die Banküberweisung (oben III 1). Für diese Betrachtung spricht auch, dass B annehmen durfte, S habe ihm den Betrag überwiesen. Von seinem Empfängerhorizont aus betrachtet hat S - und nicht die Bank - ihm die (zweiten) 5.000 Euro zukommen lassen. Er hatte keine Möglichkeit, das in Zweifel zu ziehen und nachzuprüfen. Er hat einem von S mitveranlassten Rechtsschein vertraut.

cc) Nach den Überlegungen aa) und bb) wäre die Rechtslage folgende: Es liegen Leistungen der S an B und der K an S vor. Ein Bereicherungsanspruch der K gegen B scheidet aus. K erhält ihre Deckung aus dem Verhältnis zu ihrer Kundin S, darf deren Konto belasten und braucht den Betrag, mit dem sie das Konto belastet hat, nicht wieder gutzuschreiben. B kann die ihm von S geleisteten (zweiten) 5.000 Euro vorerst behalten und abwarten, ob S sie von ihm zurückverlangt. Die dahingehenden Ergebnisse beruhen auf der bereicherungsrechtlichen Betrachtung; das Zahlungsdiensterecht wurde nur bei der Stornierung des Überweisungsauftrags mit herangezogen.

3. Da der Fall unter das Recht der Zahlungsdienste fällt (oben III 2 b), bedarf es auch einer Prüfung nach dem Zahlungsverkehrsrecht (§§ 675 f folgende BGB).

a) Nach § 675 j I BGB ist e in Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler - das ist hier die Bankkundin S - nur wirksam, wenn der Zahler diesem gegenüber dem Zahlungsdienstleister - das ist die Bank - zugestimmt hat (Autorisierung). Da im vorliegenden Fall der Überweisungsauftrag storniert wurde, lag im Zeitpunkt der Zahlung der zweiten 5.000 Euro keine Autorisierung mehr vor. Diese Zahlung war gegenüber S nicht wirksam. S hatte einen Anspruch darauf, dass K die Belastung ihres Kontos rückgängig machte (§ 675 u, 2 BGB), so dass es dieser Rechtslage entsprach, dass K der S den Betrag wieder gutgeschrieben hat.

b) Hat S aber keine wirksame Zahlung vorgenommen, wird ihr die Zahlung durch K auch nicht als Leistung an B zugerechnet (dazu noch der BGH unten 4 b). Mangels einer Leistung durch S wäre der Weg für eine Nichtleistungskondiktion der K gegen B frei.

4. Somit besteht ein Widerspruch zwischen dem Ergebnis aus der bereicherungsrechtlichen Betrachtung (oben 2) und dem Ergebnis nach der seit Umsetzung der Zahlungsdienst-Richtlinie der EU geltenden zahlungsverkehrsrechtlichen Beurteilung (oben 3). Dieser Widerspruch muss aufgelöst werden.

a) Wie BGH [21] ausführt, ist es umstritten, welche Überlegungen Vorrang haben. Vorrangig auf das Bereicherungsrecht verweisen AG Hamburg-Harburg, WM 2014, 352, 353; Grundmann in Großkomm, HGB, 5. Aufl., Bankvertragsrecht Dritter Teil Rn. 417 ff.; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2012, § 675z Rn. 6; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., BankGesch (7), C/78…, vorrangig auf das Recht der Zahlungsdienste stellen ab LG Berlin, WM 2015, 376, 377; MünchKommBGB/Casper, 6. Aufl., § 675u Rn. 21 ff.…Erman/Graf v. Westphalen, BGB, 14. Aufl., § 675 u Rn. 12). Zu dieser Streitfrage auch Jansen JZ 2015, 953 mit Fn. 2.

b) BGH [22-24] Der erkennende Senat entscheidet diese Frage im Ergebnis im Sinne der zuletzt genannten Auffassung… Die bisherige Rechtsprechung beruht auf einer wertenden Betrachtung und rechnet dem nicht Anweisenden eine Leistung maßgeblich unter Veranlasser- und Rechtsscheingesichtspunkten zu. Diese Zurechnung ist bereits zur alten Rechtslage auf erhebliche dogmatische Kritik gestoßen…Sie wird vom BGH nunmehr aufgegeben.

aa) Dreh- und Angelpunkt des neuen Zahlungsverkehrsrechts ist § 675 j BGB, der die Autorisierung des Zahlungsvorgangs regelt. Ohne diese Autorisierung begründet ein Zahlungsvorgang keinen Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler. Er hat diesem den Zahlungsbetrag vielmehr unverzüglich wertstellungsneutral zu erstatten (§ 675 u Satz 1 und 2 BGB). Durch die § 675 j und § 675 u BGB wird in den sogenannten „Veranlasserfällen" eine Abkehr vom Horizont des Zahlungsempfängers als maßgebendem Wertungskriterium vollzogen. Maßgebend ist, dass das Gesetz ein gegenüber der früheren Rechtslage zugunsten des Zahlungsdienstleisters nur sehr eingeschränkt abdingbares Zurechnungskriterium für die Gültigkeit der Belastungsbuchung, nämlich die Autorisierung durch den Zahler, eingeführt hat (…), welches im Rahmen der wertenden Betrachtung auch im Bereicherungsrecht in den Vordergrund rückt.

bb) Dies bedeutet, dass ein Zahlungsvorgang im Anwendungsbereich der §§ 675 c ff. BGB einem Zahler ohne dessen Autorisierung unabhängig davon, ob der Zahlungsempfänger Kenntnis von der fehlenden Autorisierung hat und wie sich der Zahlungsvorgang von seinem Empfängerhorizont aus darstellt, nicht als Leistung zugerechnet werden kann. Folglich bewirkt der Fehler, dass im Verhältnis Bankkunde - Bank keine Autorisierung erfolgt ist, zugleich, dass im Verhältnis Bankkunde - Zahlungsempfänger keine Leistung vorliegt. Die fehlende Autorisierung lässt sowohl die Leistung im Deckungsverhältnis als auch die im Valutaverhältnis entfallen.

c) Somit hat S keine Leistung an B erbracht. Die Grundsätze über den Vorrang der Leistungskondiktion stehen einer Nichtleistungskondiktion der K gegen B nicht entgegen.

IV. Durch die Zahlung von weiteren 5.000 Euro hat B in sonstiger Weise diesen Betrag auf Kosten der K erlangt. Ein Rechtsgrund im Verhältnis des B zu K bestand nicht. BGH [24] Mangels eines Leistungsverhältnisses begründet ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang eine Nichtleistungskondiktion des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahlungsempfänger.

Folglich ist der Anspruch der K gegen B auf Zahlung von 5.000 Euro begründet.

Ergänzende Hinweise:

1.
Obwohl im entschiedenen Fall der Bank der Anspruch gegen B zugesprochen wird, ist das Urteil für die Banken nachteilig (K. Schmidt JuS 2016, 75: Entscheidung zu Lasten der Banken). Sie können ihren Kunden nicht mit dem Betrag, den sie überwiesen haben, belasten; sie müssen das Insolvenzrisiko des Zahlungsempfängers tragen und mit dessen Einwand rechnen, dass die Bereicherung weggefallen ist (Jansen JZ 2015, 954; auf S. 956 stimmt dieser dem BGH im Ergebnis zu, kritisiert aber die Begründung). Günstig ist das Urteil dagegen für die Bankkunden, da sie bei fehlender Autorisierung das Geld zurückbekommen, dies ohne Rücksicht auf einen Vertrauensschutz des Zahlungsempfängers (letzteres kritisiert Kiehnle NJW 2015, 3095/6). Für den Zahlungsempfänger B ist es eher ungünstig, weil er das Geld bedingungslos an die Bank zurückzahlen muss und darauf angewiesen ist, seinen (vermeintlich) noch offenen Provisionsanspruch gegenüber S geltend zu machen.

2. Bei einer künftigen Falllösung, bei der die BGH-Entscheidung nicht erst - wie in obiger Lösung - entwickelt werden muss, sondern vorausgesetzt werden kann, können die Überlegungen zur Notwendigkeit einer wirksamen Anweisung (oben III 2) durch das Erfordernis der Autorisierung (§ 675 j BGB) ersetzt werden. Das Problem der „Veranlasserfälle“ und eines eventuellen Vertrauensschutzes des Zahlungsempfängers kann kurz angesprochen werden; anschließend ist aber auf die Regelung der §§ 675 j und u BGB abzustellen und im Sinne eines Schutzes des Bankkunden zu entscheiden. Es kommt dann nur noch auf die Autorisierung an: Ist sie erfolgt, bleibt es bei einer Anwendung der Anweisungsgrundsätze. Fehlt sie, erfolgt der Ausgleich zwischen Bank und Zahlungsempfänger.


Zusammenfassung