Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Pflicht des Verkäufers zur mangelfreien Leistung, § 433 I 2 BGB; notwendige Beschaffenheit eines Neuwagens, § 434 I 1 BGB. Rechtsstellung der Parteien des Kaufvertrages bei geringfügigen Mängeln. Anspruch auf Verzugszinsen, §§ 286, 288 BGB. Einrede des nichterfüllten Vertrages, § 320 BGB. Abnahmepflicht des Käufers, § 433 II BGB. Zurückbehaltungsrecht, § 273 BGB. Annahmeverzug, Ersatz von Mehraufwendungen, §§ 293, 304 BGB

BGH
Urteil vom 26.10.2016 (VIII ZR 211/15) NJW 2017, 1100

Fall (Kleine Delle Fahrertür)

Die K-GmbH, eine Kraftfahrzeughändlerin, verkaufte dem B mit Vertrag vom 15. Mai ein Neufahrzeug der Marke Fiat zum Preis von 21.450 Euro. Die Parteien vereinbarten eine kostenfreie Lieferung an den Wohnsitz des B und die Kaufpreiszahlung bei Lieferung. Bei der Anlieferung am 16. Juli wies das Fahrzeug an der Fahrertür einen Lackschaden auf. Im Lieferschein ist vermerkt: „Kleine Delle Fahrertür, Kosten für Ausbesserung werden von Verkäuferin übernommen." Noch am selben Tag erklärte B der K telefonisch, dass er das Fahrzeug zurückweise, und schrieb per Fax: „Leider ist die Delle nicht ganz so klein. Sie verläuft über die Grundierung bis aufs Blech ca. 2 mm tief. Bis zur endgültigen Klärung werde ich den Zahlungsauftrag nicht freigeben." K meldete sich am nächsten Tag und erklärte, es handele sich um einen Bagatellschaden, der nur gut ein Prozent des Kaufpreises betrage und B nicht dazu berechtige, die Kaufpreiszahlung zu verweigern; B solle das als Mahnung verstehen. Als Antwort übersandte B der K einen Voranschlag über Lackierkosten in Höhe von 528 Euro. Mit Schreiben vom 25. Juli erklärte K, sie werde bei Vorlage der Reparaturrechnung maximal 300 Euro übernehmen. Am 26. Juli forderte B mit Anwaltsschreiben die K unter Fristsetzung bis zum 10. August auf, den Lackschaden für ihn kostenfrei zu beheben. Am 6. August ließ K das von B bisher nicht benutzte Fahrzeug abholen, beseitigte den Lackschaden und brachte es am 6. Oktober wieder zu B. B überwies den vollständigen Kaufpreis, der der K am 10. Oktober gutgeschrieben wurde.

K kann nachweisen, dass die Beseitigung des Lackschadens mit einem Kostenaufwand von maximal 249 Euro möglich war, und vertritt die Auffassung, sowohl im Kaufrecht als auch im Werkvertragsrecht sei anerkannt, dass bei einem derart geringfügigen Mangel der Käufer vom Verkäufer zwar die Kosten der Mängelbeseitigung ersetzt verlangen könne, aber keine weitergehende Rechte habe. B hätte deshalb weder die Zahlung des Kaufpreises noch die Annahme des Autos verweigern dürfen. Infolgedessen verlangt K von B Verzugszinsen auf den Kaufpreis für die Zeit vom 25. Juli bis zum 10. Oktober, Erstattung der Kosten für die Rückholung und die erneute Auslieferung des Pkw sowie ein Standgeld für die Zeit vom 7. August bis zum 6. Oktober. B besteht darauf, dass er das Fahrzeug mit der Delle nicht abzunehmen brauchte. Sind die Ansprüche der K gegen B begründet?

Lösung

A. Ein Anspruch der K gegen B auf Verzugszinsen kann sich aus §§ 280, 286 I, 288 I BGB ergeben. (Teilweise wird vertreten, der Anspruch auf Verzugszinsen sei kein Anspruch auf Schadensersatz. Riehm JuS 2017, 463, 464, stützt sich deshalb nur auf §§ 286, 288. Zutreffend stellt BGH [15] diesen Vorschriften jedoch § 280 BGB voran. Denn § 280 Abs. 1 ist Teil der Anspruchsgrundlage für Verzugszinsen. Das ergibt der Wortlaut („zusätzliche Voraussetzungen“, § 280 II), und es entspricht dem systematischen Anspruch der §§ 280 ff. (vgl. z. B. Staudinger/Roland Schwarze (2014) BGB § 280, Rn. C 7)

I. K und B haben einen Kaufvertrag über einen Pkw der Marke Fiat geschlossen. Aus diesem Vertrag schuldete B einen Kaufpreis in Höhe von 21.450 Euro (§ 433 II BGB).

II. Mit der Zahlung des Betrages müsste B in Verzug geraten sein. Nach § 286 I 1 BGB kommt der Schuldner in Verzug, wenn er auf eine nach Eintritt der Fälligkeit erfolgte Mahnung nicht leistet. Nach der Vereinbarung der Parteien im Kaufvertrag war der Kaufpreis bei Lieferung des Fahrzeugs fällig. Das könnte zur Fälligkeit am 16. 7. geführt haben. Jedoch kommt ein Schuldner nicht in Verzug, wenn er die Zahlung aufgrund einer Einrede verweigern darf. BGH [16] Verzug setzt gemäß § 286 Abs. 1 BGB voraus, dass der Schuldner auf eine fällige und durchsetzbare (also nicht mit einer Einrede behaftete) Forderung trotz Mahnung nicht leistet.

1. B könnte die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 I 1 BGB) zugestanden haben. Danach kann, w er aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorleistungspflichtig ist. B war aus einem Kaufvertrag, also einem gegenseitigen Vertrag zur Kaufpreiszahlung verpflichtet. Er war nicht vorleistungspflichtig. Er hat seine Leistung dadurch verweigert, dass er das Auto zurückgewiesen und den Zahlungsauftrag nicht freigegeben hat. Dazu war er berechtigt, wenn die Verkäuferin K die dem B geschuldete Leistung der Kaufsache nicht erbracht hat.

a) Nach § 433 I 1 BGB war K zur Verschaffung von Besitz und Eigentum an dem verkauften Fahrzeug verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung war K bereit. Nach § 433 I 2 BGB hat der Verkäufer die Sache aber auch frei von Sachmängeln zu liefern. Hierfür ist nach § 434 I 1 BGB erforderlich, dass die Sache bei Übergabe die vereinbarte Beschaffenheit hat. Bei Neuwagen nimmt der BGH an, dass die Parteien bei Kaufabschluss konkludent die „Fabrikneuheit“ des Fahrzeugs vereinbart haben (BGH NJW 2013, 1365 [10]). An der Fabrikneuheit fehlt es, wenn das Auto Oberflächenverkratzungen und Lackschäden aufweist (BGH a. a. O.; Looschelders JA 2017, 306, 307 in einer Besprechung des BGH-Falles). Demgegenüber nimmt der BGH bei Gebrauchtwagen an, dass ganz geringfügige Schäden als Bagatellschäden keinen Sachmangel begründen (BGH NJW 2008, 53 [20]; Looschelders a. a. O.).

b) Im vorliegenden Fall wies der gelieferte Pkw am 16. 7. einen Lackschaden auf. Das ist mit der Pflicht, einen fabrikneuen Pkw zu liefern, nicht vereinbar. BGH [18] Nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB war K verpflichtet, die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen, das heißt, sie hatte das Fahrzeug dem B in einem einwandfrei lackierten Zustand zu übergeben, der aufgrund der vereinbarten Eigenschaft als Neuwagen geschuldet war (…). Das am 16. Juli ausgelieferte Fahrzeug war jedoch aufgrund des Lackschadens an der Fahrertür mangelhaft (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach Riehm JuS 2017, 464 ergibt sich der Mangel sowohl aus § 434 I 1 (hat nicht die vereinbarte Beschaffenheit) als auch aus § 434 I 2 Nr. 2 (hat nicht die übliche Beschaffenheit). Somit hatte K die ihr obliegende Leistung am 16. 7. nicht erbracht.

2. Entsprechend dem Vorbringen der K könnte es bei nur geringen Kosten für eine Schadensbeseitigung dem Käufer versagt sein, die Zahlung des Kaufpreises vollständig zu verweigern. Hierfür wendet der BGH den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) an und zieht auch den Rechtsgedanken aus § 320 II BGB heran. Nach § 320 II BGB kann bei einem gegenseitigen Vertrag, bei dem von der einen Seite teilweise geleistet worden ist, die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Unmittelbar anwendbar ist § 320 II BGB nicht, weil ein Kraftfahrzeug keine teilbare Leistung und die Lieferung einer mangelhaften Sache keine Teilleistung ist. Der hier in Betracht kommende Fall einer nur geringfügigen Pflichtverletzung des Verkäufers liegt aber ähnlich, so dass es gerechtfertigt ist, neben § 242 BGB auch auf § 320 II BGB abzustellen.

a) BGH [20-25] Der Käufer kann die Zahlung des Kaufpreises ausnahmsweise nicht oder nicht vollständig verweigern, soweit dies nach den Gesamtumständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit der Pflichtverletzung des Verkäufers, gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. BGHZ 180, 300 Rn. 14; NJW-RR 2011, 1618 Rn. 11; BGHZ 204, 346 Rn. 41;…). Ob im vorliegenden Fall die von K geschuldete Beseitigung des Lackschadens verhältnismäßig geringfügig war, ist unter Berücksichtigung des Zwecks des § 320 BGB zu entscheiden.

aa) § 320 BGB verfolgt den doppelten Zweck, dem Gläubiger, der am Vertrag festhalten will, sowohl den Anspruch auf die Gegenleistung zu sichern als auch Druck auf den Schuldner auszuüben, um ihn zu vertragsgemäßer Leistung anzuhalten (vgl. BGHZ 116, 244, 249; 204, 346 Rn. 41 Rn. 58; jeweils m. w. N.). Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass dem B der Anspruch auf die Lieferung eines mangelfreien Autos zu sichern war und dass die Nichtzahlung des Kaufpreises die K dazu anhalten sollte, das Auto möglichst bald mangelfrei zu liefern.

bb) BGH: Mit diesem Zweck wäre es nicht vereinbar, eine Verpflichtung des B zur Zahlung des gesamten oder überwiegenden Teils des Kaufpreises bereits im Zeitpunkt der ersten Anlieferung des Fahrzeugs zu bejahen, obwohl dieses mangelhaft war und K es zur Mangelbeseitigung wieder an sich nehmen musste. Dass es eines Drucks auf den Schuldner durch Einbehalt des (gesamten) Kaufpreises bedarf, wird unter den hier gegebenen Umständen besonders deutlich, weil K mehr als zwei Monate bis zur erneuten Anlieferung des Fahrzeugs verstreichen ließ und B es in diesem Zeitraum nicht nutzen konnte.

cc) Auch spricht gegen die Auffassung, B habe nach Treu und Glauben den Kaufpreis nicht verweigern dürfen, dass K dem B zunächst nicht einmal angeboten hat, selbst für eine ordnungsgemäße Behebung des Lackschadens zu sorgen und so ihrer Erfüllungspflicht als Verkäuferin nachzukommen. Denn ausweislich des Lieferscheins vom 16. Juli hat sie sich lediglich zu einer Übernahme der Kosten bereit erklärt. Es oblag jedoch nicht dem B, einen Reparaturauftrag zu erteilen, sondern K hatte dies im Rahmen ihrer Erfüllungspflicht in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko zu veranlassen. Zudem hat K…eine Obergrenze von 300 Euro gesetzt, so dass den B das Risiko der Werkstattkosten, einschließlich eines etwaigen unwirtschaftlichen oder unsachgemäßen Arbeitens des Werkstattbetriebes, getroffen hätte.

dd) Aus den bisherigen Überlegungen ergibt sich somit nicht, dass die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts durch B im Umfang der gesamten Kaufpreisforderung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB i. V. mit dem Rechtsgedanke des § 320 II BGB) verstieß. Danach hätte B ein Leistungsverweigerungsrecht ausüben dürfen.

3. Jedoch könnte gegen das Leistungsverweigerungsrecht des B noch der Einwand der K sprechen, wonach sowohl im Kaufrecht als auch im Werkvertragsrecht das Gesetz dem Käufer bzw. dem Besteller im Falle einer nur geringfügigen Pflichtverletzung bestimmte Rechte versage. Damit bezieht sich K auf folgende Regelungen: Nach § 281 I 3 BGB kann, wenn der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt hat, der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Nach § 323 V 2 BGB kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Unerheblichkeit nimmt der BGH im Regelfall dann an, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand weniger als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt (BGHZ 201, 290 [12, 30]; NJW 2017, 153 [28]). Nach § 640 I 2 BGB darf der Besteller die Abnahme des Werks bei unwesentlichen Mängeln nicht verweigern.

a) Keine dieser Vorschriften ist unmittelbar anwendbar: § 281 I 3 betrifft einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung; im vorliegenden Fall geht es um die Geltendmachung der Einrede aus § 320. § 323 V 2 schränkt den Rücktritt ein, der hier nicht in Rede steht. § 640 betrifft einen Werk- und keinen Kaufvertrag und auch nur die Abnahme und nicht das Recht aus § 320.

b) Die genannten Vorschriften sind auch nicht analog anwendbar. Es besteht weder eine Regelungslücke noch sind die Interessenlagen in den genannten Vorschriften und im vorliegenden Fall gleich, vielmehr unterscheiden sie sich wesentlich. BGH [33] Die Lieferung einer Sache, die entgegen § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht frei von Rechts- und Sachmängeln ist, stellt eine Pflichtverletzung des Verkäufers dar (…). § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB unterscheidet - anders als § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB - nicht zwischen erheblichen und unerheblichen Pflichtverletzungen des Verkäufers. Bei den vorgenannten Bestimmungen geht es darum, dass der Käufer mit dem Rücktritt vom Vertrag oder dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung ein Recht geltend macht, das den Bestand des Kaufvertrages insgesamt in Frage stellt. Anders verhält es sich indes, wenn der Käufer - wie hier B - am Vertrag festhält und Verschaffung einer mangelfreien Sache verlangt. Zu § 640 I 2 führt BGH [35] aus: Damit wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die Abnahme eines Werkes „nur wegen mehr als geringfügiger Mängel" versagt werden kann (…). Diese Regelung findet im Kaufrecht keine Entsprechung und kann - mangels einer Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage - auch nicht entsprechend angewendet werden.

c) Insbesondere ist auch die Auffassung der K unzutreffend, der Käufer könne bei einem geringfügigen Mangel vom Verkäufer nur die Kosten der Mangelbeseitigung ersetzt verlangen. Vielmehr kann, wie sich aus den Ausführungen vorstehend 1 - 3 b) ergibt, der Käufer Lieferung einer mangelfreien Sache bzw. Beseitigung des Mangels verlangen und bis zur Erfüllung die Zahlung des Kaufpreises verweigern. Riehm JuS 2017, 466: Käufer „kann den gesamten Kaufpreis zurückhalten.“

4. BGH [26] Das Leistungsverweigerungsrecht des B nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB endete somit (erst) mit der am 6. Oktober erfolgten Auslieferung des (nunmehr mangelfreien) Fahrzeugs. Daraufhin entrichtete B den Kaufpreis, der am 10. Oktober bei K einging. Daher ist B nicht in Verzug geraten und schuldet keine Verzugszinsen.

B. Ein Anspruch der K auf Ersatz der Kosten für die Rückholung und die erneute Auslieferung des Fahrzeugs, die als Transportkosten zusammen behandelt werden können, kann sich als Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, II, 286 I BGB wegen eines Verzugs des B mit der Erfüllung seiner Pflicht zur Abnahme des gekauften Pkw ergeben.

I. B war aus dem geschlossenen Kaufvertrag verpflichtet, den gekauften Pkw abzunehmen ( § 433 II BGB). Die Abnahmepflicht ist eine echte Rechtspflicht, so dass der Käufer sowohl in Schuldnerverzug als auch in Annahmeverzug kommen kann (Riehm JuS 2017, 465).

Zwar hat B am 16. 7. den Besitz an dem Pkw erlangt. Er hat aber noch am selben Tage deutlich gemacht, dass er ihn als nicht vertragsgemäß anerkenne, und erklärt, dass er ihn „zurückweise“. Anschließend hat er durchgesetzt, dass K den Pkw wieder abholen und neu anliefern musste. Darin liegt keine Erfüllung der Abnahmepflicht, sondern eine Verweigerung der Abnahme (vgl. auch Riehm JuS 2017, 464: „Infolge der Abnahmeverweigerung des Käufers ist es zu keiner Übergabe der Kaufsache gekommen…“). Erst am 6. 10. ist die Abnahme erfolgt.

II. B ist aber nicht in Verzug gekommen, wenn ihm gegenüber dem Anspruch der K auf Abnahme eine Einrede zugstanden hat, kraft derer er die Abnahme verweigern konnte.

1. Für § 320 I BGB ist erforderlich, dass die verweigerte Leistung - hier: Erfüllung der Abnahmepflicht aus § 433 II BGB durch B - einer nicht bewirkten Gegenleistung der K gegenüber steht. Nicht bewirkte Leistung der K könnte die Nichterfüllung der Pflicht zur mangelfreien Lieferung (§ 433 I 2 BGB) sein. Dann müssten die Pflichten aus § 433 II BGB und aus § 433 I 2 BGB im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stehen. Das ist aber nicht der Fall. BGH [29] Ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB stand B gegenüber dem Anspruch der K auf Abnahme der Kaufsache nicht zu. Denn die Pflicht des Käufers zur Abnahme der Kaufsache stellt im Allgemeinen keine Gegenleistung für die Lieferung der Kaufsache dar und steht daher nur in einem - hier nicht ersichtlichen - Ausnahmefall in einer synallagmatischen Verknüpfung zur Lieferung, wie dies für die Einrede des nichterfüllten Vertrages Voraussetzung wäre (vgl. BGH NJW 2006, 2773 Rn. 21; BGHZ 201, 1 Rn. 49).

2. Ein den Verzug ausschließendes Leistungsverweigerungsrecht könnte sich für B aus einem Zurückbehaltungsrecht (§ 273 I BGB) ergeben.

a) B war Schuldner der kaufvertraglichen (Nebenleistungs-)Pflicht zur Abnahme des gekauften Pkw. Aus demselben Kaufvertrag hatte er, wie dargelegt, einen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs, den K am 16. 7. nicht erfüllt hatte. Beide Ansprüche stehen zwar nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis, zwischen ihnen besteht aber die für § 273 BGB erforderliche und ausreichende Konnexität. Die Voraussetzungen des § 273 I BGB liegen somit vor.

b) Auch hier erörtert der BGH die Frage, ob eine Geringfügigkeit des Mangels der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts entgegensteht, und verneint das wiederum. [32-34] Die aufgeworfene Frage ist dahin zu entscheiden, dass der Käufer bei behebbaren Mängeln, auch wenn sie geringfügig sind, grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB geltend machen kann, die Sache also nicht abnehmen muss, sondern sie bis zur Beseitigung des Mangels „zurückweisen" kann… In derartigen Fällen wird dem Käufer auch in der Literatur die Befugnis zugebilligt, die mit einem behebbaren Mangel behaftete Sache unter Hinweis auf eine geschuldete mangelfreie Lieferung zurückzuweisen (folgen Nachw. u. a. auf Staudinger/Beckmann, BGB, § 433 Rn. 132, 220; Erman/Grunewald, BGB, Vor § 437 Rn. 6; MünchKommBGB/Westermann, § 433 Rn. 69). In einer Anmerkung zu der BGH-Entscheidung weist Ostendorf NJW 2017, 1103 darauf hin, dass weder § 273 noch der unter C. zu behandelnde § 294 eine Erheblichkeitsschwelle enthalten.

c) BGH [37] Allerdings darf auch das Zurückbehaltungsrecht des § 273 Abs. 1 BGB als Anwendungsfall des Verbots unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise ausgeübt werden (BGHZ 91, 73, 82 f.; NJW 2004, 3484 unter I 1 b aa; jeweils m. w. N.). Jedoch liegen Umstände, die im vorliegenden Fall Anlass für eine derartige Prüfung geben könnten, nicht vor.

d) BGH [30] Somit war B gemäß § 273 Abs. 1 BGB - im Hinblick auf die Pflicht der K zur Verschaffung einer mangelfreien Kaufsache (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB) - berechtigt, die Abnahme des Fahrzeugs zu verweigern, solange es ihm nicht in mangelfreiem, das heißt einwandfrei lackiertem Zustand angeboten wurde. Dieses Zurückbehaltungsrecht hat B am 16. Juli geltend gemacht, indem er kostenfreie Behebung des Mangels verlangt und erklärt hat, das Fahrzeug (im gegenwärtigen mangelhaften Zustand) zurückzuweisen. Folglich besteht kein Anspruch der K aus §§ 280 I, II, 286 I BGB auf Ersatz der Transportkosten wegen Schuldnerverzugs mit der Abnahmepflicht des B aus § 433 II BGB.

C. K könnte einen Anspruch auf Ersatz der Transportkosten und des Standgeldes aus § 304 BGB haben. Nach § 304 BGB kann der Schuldner im Falle des Annahmeverzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste.

I. K war Schuldnerin der Pflicht zur Lieferung des Pkw (§ 433 I 1 BGB), B war Gläubiger.

II. Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Nach § 294 BGB muss die Leistung dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden. K hatte die Leistung so zu bewirken, dass er den verkauften Pkw dem B in mangelfreiem Zustand anbot. Das ist am 16. 7. nicht geschehen. In mangelfreiem Zustand hat K das Auto erst am 6. 7. angeboten, B hat es dann auch angenommen. Somit ist B nicht in Annahmeverzug gekommen (BGH [38]).

III. BGH [39] Unabhängig davon, dass B im Hinblick auf die Abnahme des Fahrzeugs weder in Schuldner- noch in Annahmeverzug geraten ist, kann K Erstattung von Transportkosten und Standgeld auch deshalb nicht verlangen, weil es sich bei diesen Aufwendungen im konkreten Fall um Erfüllungskosten handelt, die zur Verschaffung einer mangelfreien Sache notwendig waren und deshalb in jedem Fall vom Verkäufer aufgrund der gemäß § 448 Abs. 1 Halbs. 1 BGB geschuldeten Bereitstellung der Kaufsache am vereinbarten Lieferort zu tragen sind (vgl.…Staudinger/Beckmann, § 448 Rn. 6 m. w. N.).

Folglich besteht auch kein Anspruch aus § 304 BGB. Gesamtergebnis: Die Ansprüche, die K gegenüber B geltend macht, sind nicht begründet.


Zusammenfassung