Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Gebrauchtwagenkauf, § 433 BGB; mitverkaufte Zusatzteile. Fehlende amtliche Zulassung als Sachmangel, § 434 BGB; Beschaffenheitsvereinbarung. Rücktritt nach Fristsetzung, §§ 437, 323 BGB. Unmöglichkeit der Nacherfüllung, §§ 439, 275, 326 BGB

BGH
Urteil vom 11.12.2019 (VIII ZR 361/18) NJW 2020, 1287 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Mitverkaufte Felgen)

K kaufte von dem Autohändler B am 16.11. einen fünf Jahre alten Pkw der Marke BMW zum Preis von 31.000 Euro. Der schriftliche Kaufvertrag enthält folgenden Zusatz: „Inklusive 1 Satz gebrauchte Winterräder auf Alufelgen; ABE (= Allgemeine Betriebserlaubnis) wird nachgereicht.“ K und B war bekannt, dass die Felgen der Winterräder nicht von BMW als dem Hersteller des Pkw stammten und dass lediglich das BMW-Emblem darauf angebracht worden war. Noch am 16.11. wurde das Fahrzeug nach Zahlung des Kaufpreises von B dem K mit achtfacher Bereifung übergeben, wobei die Winterräder montiert waren.

Nachdem K den B mehrfach zum Nachreichen der ABE aufgefordert hatte, setzte er ihm eine „Frist zur Aushändigung der ABE für die Winterräder“. Nach erfolglosem Ablauf der Frist erklärte K den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte von B die Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw und der Räder und nach Abzug einer Nutzungsentschädigung. K verwies auf § 19 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), in dem die Erteilung der ABE für Fahrzeuge geregelt ist. Nach § 19 II 2 Nr. 2 StVZO erlischt eine ABE, „ wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist“ Ist die ABE nach § 19 II 2 Nr. 2 StVZO erloschen, darf das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen nicht in Betrieb genommen werden (§ 19 V StVZO). Nach Auffassung des K hat diese Regelung zur Folge, dass der gekaufte BMW wegen der nicht zugelassenen Felgen über keine ABE verfügt und deshalb zumindest nicht mit Winterreifen gefahren werden darf; das rechtfertige den Rücktritt.

B hält dem entgegen, dass die fehlende Zulassung der Felgen nicht gleichbedeutend mit einer Gefährdung der Verkehrsteilnehmer sei; nach seiner Kenntnis habe der Vorbesitzer die Winterräder fünf Jahre lang störungsfrei benutzt. Zwar sei in § 22 StVZO eine ABE für Fahrzeugteile vorgesehen, sie für die dem K verkauften Felgen zu erhalten, sei ihm jedoch nicht möglich gewesen. K hätte deshalb nur die Lieferung anderer, für den BMW des K zugelassener Alufelgen verlangen können; die auf die Aushändigung der ABE für die Winterräder beschränkte Fristsetzung sei deshalb nicht wirksam erfolgt. Ein Rücktritt scheitere auch daran, dass die Entscheidung über die Zulassung der Felgen sich nicht auf das Fahrzeug selbst beziehe und dass ihr Fehlen für den Gebrauch des Pkw unerheblich sei. Ist der Anspruch des K begründet?

Lösung

Vorbemerkungen: Dem Abdruck des Urteils in der NJW 2020, 1287 ist auf S. 1292 eine Anmerkung von Luckey angefügt. Besprochen wird das Urteil von Looschelders JA 2020, 465.

K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach einem Rücktritt vom Kaufvertragwegen eines Sachmangels aus §§ 434, 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB haben. (Welche Vorschriften in die Anspruchsgrundlage aufgenommen werden und in welcher Reihenfolge, wird unterschiedlich gehandhabt; vorstehende Anordnung findet sich bei BGH [22].)

I. Der hierfür erforderliche Kaufvertrag über den gebrauchten Pkw der Marke BMW wurde am 16.11. zwischen K und B geschlossen. Kaufgegenstand ist der BMW-Pkw zusammen mit den montierten Winterrädern, zuzüglich der weiteren vier Sommerräder. Die Winterräder allein sind kein eigenständiger Kaufgegenstand, sondern haben nur zusammen mit dem Fahrzeug einen wirtschaftlichen Sinn. Der Kaufpreis beträgt 31.000 Euro.

II. Nach §§ 434, 437 Nr. 2 BGB muss die Kaufsache bei Gefahrübergang (§ 446, 1 BGB) einen Sachmangel aufweisen. Von den verschiedenen Fällen des § 434 I BGB, denen sich ein Sachmangel entnehmen lässt, kommt § 434 I 1 BGB in Betracht. Danach muss der Kaufsache eine vereinbarte Beschaffenheit fehlen. Das ist der Fall, wenn die Ist-Beschaffenheit der Sache zum Nachteil des Käufers von der Soll-Beschaffenheit abweicht.

1. Eine solche Abweichung läge jedenfalls dann vor, wenn - wovon K ausgeht - der Pkw wegen Fehlens einer ABE nicht mit den Winterrädern gefahren werden dürfte. Nach § 19 V StVZO darf ein Fahrzeug, dessen Betriebserlaubnis nach § 19 II 2 StVZO erloschen ist, nicht auf öffentlichen Straßen in Betrieb genommen werden. Es ist davon auszugehen, dass dem von B verkauften Pkw eine Betriebserlaubnis durch eine Typenzulassung erteilt wurde (§ 20 StVZO). Sie bezog sich aber nicht auf die Felgen der Winterräder, weil diese nicht von BMW stammten und deshalb nicht von der Typengenehmigung erfasst wurden. Das Montieren der Winterräder bedeutete deshalb eine Änderung des Fahrzeugs. Diese führte nach § 19 II 2 Nr. 2 StVZO zu einem Erlöschen der Betriebserlaubnis, wenn dadurch „eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist“. Eine dahingehende Feststellung enthält der Sachverhalt jedoch nicht. K hat das auch nicht behauptet, B hat es ausdrücklich bestritten. Allein dass die Felgen nicht von BMW stammen und nicht über eine ABE verfügen, lässt nicht den Schluss zu, dass bei ihrer Verwendung eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer zu erwarten ist. Auch die Behauptung des B, dass die Beschaffung der ABE für die Felgen nicht möglich ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Felgen gefährlich sind, zumal nicht bekannt ist, weshalb die ABE nicht erteilt wird.

BGH [30,31] Das Fehlen einer ABE führt nicht ohne Weiteres dazu, dass gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StVZO die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug erlischt. Vielmehr setzt dies voraus, dass die - mit der Nutzung nicht zugelassener Felgen für die Winterräder verbundene - nachträgliche Veränderung mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer verursacht (vgl. VGH Bad-Wü.10 S 1857/09, juris Rn. 27, 29 zur Umrüstung eines Motorrads mit Carbonrädern…). Es ist weder die Veränderung von Fahrzeugteilen, deren Beschaffenheit vorgeschrieben ist, noch die bloße Möglichkeit einer Gefährdung ausreichend, um die Betriebserlaubnis gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StVZO erlöschen zu lassen (…). Dem steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen. Erforderlich ist vielmehr, dass durch die nachträgliche Veränderung mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen wird (…). Dabei lässt sich das Maß der für ein Erlöschen der Betriebserlaubnis erforderlichen Gefahr nicht abstrakt und absolut bestimmen. Behörden und Gerichte haben daher für jeden konkreten Einzelfall zu ermitteln, ob die betreffende Veränderung sei es durch unsachgemäßen Anbau eines an sich ungefährlichen Fahrzeugteils, sei es durch den Betrieb eines sachgerecht angebauten, aber gefährlichen Teils eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern erwarten lässt. Eine solche Feststellung lässt sich nach dem Sachverhalt nicht treffen.

Folglich ist die ABE für den BMW-Pkw nicht nach § 19 II 2 Nr. 2 StVZO wegen der Verwendung der Felgen erloschen. Aus einem Fehlen der ABE für den Pkw ergibt sich kein Sachmangel.

2. Nach § 22 I StVZO ist, wenn ein Fahrzeugteil nicht unter die für das Fahrzeug erteilte ABE fällt, eine gesonderte ABE für das Fahrzeugteil möglich und erforderlich. Da die mitverkauften Felgen nicht von BMW stammen und nicht unter die für den Fahrzeugtyp des Pkw erteilte ABE fallen, könnte der Zusatz im Kaufvertrag auf die Erteilung einer solchen gesonderten Fahrzeugteile-ABE gerichtet sein. Folglich kommt als v ereinbarte Beschaffenheit in Betracht, dass für die mitverkauften Felgen eine gesonderte ABE vorhanden ist, entweder indem der Nachweis für eine bestehende ABE vorgelegt wird oder indem eine ABE beschafft wird. Dann wäre das Vorhandensein einer ABE für die Felgen die kaufvertragliche Soll-Beschaffenheit und deren Fehlen die davon abweichende Ist-Beschaffenheit.

a) Von BGH [35] wird eine dahingehende Vereinbarung bejaht: Im Streitfall lag bei Übergabe des Fahrzeugs deswegen ein Sachmangel vor, weil den mitverkauften Felgen der - bei Gefahrübergang montierten - Winterräder und damit auch dem Fahrzeug selbst die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) fehlte. Die Parteien haben im Kaufvertrag vereinbart, dass auch ein Satz gebrauchter Winterräder auf Alufelgen Kaufgegenstand ist und dass B die ABE für die Winterräder nachreicht. Diese Abrede hat bei der gebotenen interessengerechten Auslegung…zum Inhalt, dass B für das Vorhandensein einer ABE der Felgen für das verkaufte Fahrzeug in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle gewährleistungsrechtlichen Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen (vgl. BGH NJW 2017, 2817 Rn. 13; NJW 2019, 1937 Rn. 22; jeweils m. w. N.).

b) Demgegenüber trifft der Einwand des B, dass sich der im Fehlen der ABE bestehende Mangel nicht auf das verkaufte Fahrzeug beziehe, nicht zu. Vielmehr sind die nicht zugelassenen Felgen während des Winters Teile des Pkw und betreffen dessen Beschaffenheit. BGH [36] Dieser Einwand blendet aus, dass die Winterreifen nach den getroffenen Vereinbarungen (ausdrücklich) Teil der Kaufsache geworden sind.

c) Die ABE für ein Fahrzeug oder ein Fahrzeugteil ist eine rechtliche Erklärung (eine Erlaubnis); das Nichtvorliegen der ABE ist deshalb ein rechtlicher Mangel. Gleichwohl ist ihr Fehlen kein Rechtsmangel i. S. des § 435 BGB. Denn er ist kein Recht, das ein Dritter gegen den Käufer des Pkw geltend machen kann. Vielmehr führt das Fehlen der ABE zu einer Beschränkung der Verwendung des Pkw im Winter und betrifft damit dessen Beschaffenheit. BGH [36,37] Das Fehlen einer Betriebserlaubnis für die Felgen der mitverkauften und vom Verkäufer noch vor Übergabe montierten Winterräder ist ein Umstand, der sich auch auf die Beschaffenheit des Fahrzeugs selbst auswirkt… Denn ein Käufer, der - wie hier - Wert auf die Nutzung zugelassener Räder legt, wird bei objektiver Betrachtung im Fall der Kenntniserlangung von dem Nichtvorliegen einer Betriebserlaubnis für die Felgen das Fahrzeug nicht in einer den getroffenen Vereinbarungen entsprechenden Form (also unter Verwendung der mitgelieferten Felgen) nutzen wollen und dürfen. Der Regelung des § 434 I BGB liegt nach der Rechtsprechung des BGH ein weiter Beschaffenheitsbegriff zugrunde. Danach sind als Beschaffenheit einer Sache im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB sowohl alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (BGH NJW 2016, 2874 Rn. 10 [zum Vorliegen einer Herstellergarantie]; NJW 2013, 1671 Rn. 10 [zum mit Giftstoffen belasteten Grundwasser eines Grundstücks]). (Zum weiten Beschaffenheitsbegriff auch Looschelders JA 2020, 466 Fn. 4.)

d) Keine Bedeutung für die Frage des Sachmangels nach § 434 I BGB hat, ob B die Beschaffung der ABE unmöglich ist, weil auch nicht behebbare Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit Sachmängel sind; ebenso ist bedeutungslos, ob der Mangel unerheblich ist, weil auch geringfügige Mängel unter §§ 433 I 2, 434 I BGB fallen (vgl. BGH NJW 2017, 1100). Diese Einwände erhalten erst im Verlauf der weiteren Prüfung Bedeutung.

Das Fehlen einer ABE für die Felgen ist ein Sachmangel nach § 434 I 1 BGB

3. Falls demgegenüber in dem Zusatz zum Kaufvertrag - abweichend von vorstehend 1. und 2. - keine Beschaffenheitsvereinbarung gesehen wird, lassen sich die Voraussetzungen für einen Sachmangel sowohl nach § 434 I 2 Nr. 1 als auch nach Nr. 2 BGB feststellen. Denn ohne ABE für die Felgen der Winterräder darf der Pkw mit Winterrädern nicht benutzt werden und eignet sich deshalb weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (Nr. 1) noch für eine gewöhnliche Verwendung (Nr. 2); ferner fehlt ihm sowohl die Beschaffenheit, die bei einem Pkw mit Winterrädern üblich ist, als auch die vom Käufer eines solchen Pkw erwartet werden kann. (Nach Luckey NJW 2020, 1292 handelt es sich jedenfalls um einen „straßenverkehrszulassungstechnischen ‚Makel‘, wenn die Betriebserlaubnis für einen Fahrzeugteil fehlt.“)

III. Ein Rücktrittsrecht des K hat nach § 437 Nr. 2 BGB weiterhin zur Voraussetzung, dass einer der beiden dort genannten Rücktrittsgründe eingreift.

1. Rücktrittsgrund kann § 326 V BGB sein. In der Anwendung auf den Kaufvertrag bestimmt diese Vorschrift, dass der Käufer entsprechend § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten kann, wenn dem Verkäufer seine Leistung nach § 275 I BGB unmöglich ist. Nach dem letzten Satzteil des § 326 V BGB ist eine Fristsetzung in diesem Fall entbehrlich, so dass es nicht auf den Einwand des B ankommt, dass die Fristsetzung durch K nicht wirksam sei.

a) Hat der Verkäufer eine mangelhafte Sache geliefert, schuldet er nach § 439 I BGB Nacherfüllung, entweder durch Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder durch Lieferung einer mangelfreien Sache (Ersatzlieferung). Es kann B darin gefolgt werden, dass ihm die Beschaffung einer ABE für die gelieferten Reifen nicht möglich ist (vgl. BGH [39]), wodurch seine Pflicht zur Nachbesserung entfallen ist. Unmöglichkeit der Leistung des Verkäufers i. S. der §§ 275 I, 326 V BGB setzt aber voraus, dass auch die Ersatzlieferung nicht möglich ist; denn eine Ersatzlieferung läge sowohl im Interesse des Käufers als auch des Verkäufers, dem dadurch die Vorteile aus dem Vertrag erhalten blieben. Dementsprechend führt BGH [39] aus, dass die Anwendung des § 326 Abs. 5 BGB eine Unmöglichkeit beider Varianten der Nacherfüllung, also auch die Unmöglichkeit einer Ersatzlieferung, voraussetzt (BGHZ 168, 64 Rn. 17; NJW 2008, 53 Rn. 23). Die genannte Vorschrift greift im Falle der Unmöglichkeit der Leistungspflicht ein. Dies bedeutet für den Fall der Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) wegen der für den Käufer nicht bindenden Wahl einer Nacherfüllungsart und dessen damit nicht ausgeschlossenen Rechts, auf die andere Alternative überzugehen, dass eine Fristsetzung nach § 326 Abs. 5 BGB nur bei der Unmöglichkeit beider Ausgestaltungen der Nacherfüllung entbehrlich ist (vgl. auch § 440 Satz 1 BGB: „wenn beide Arten der Nacherfüllung" verweigert werden).

b) Voraussetzung für §§ 275 I, 326 V BGB ist somit, dass B auch eine Lieferung von Felgen, die für den Pkw des K zugelassen sind, nicht möglich ist. Als Ersatzlieferung kommen gebrauchte oder neue Felgen in Betracht.

aa) Dass sich solche Felgen für ein fünf Jahre altes Fahrzeug nicht beschaffen lassen, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht und entspricht auch nicht der Lebenserfahrung. B hat das auch nicht behauptet, sondern erklärt, K hätte die Lieferung anderer, für das Modell des K zugelassener Alufelgen verlangen können, was eher dafür spricht, dass die Lieferung möglich ist.

bb) Auch dass es sich um einen Stückkauf gehandelt hat und dass gebrauchte Räder verkauft wurden, schließt eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung nicht aus. BGH [41] Ob eine Ersatzbeschaffung vorliegend möglich und geschuldet ist, hängt davon ab, ob nach dem durch interessengerechte Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien (§§ 133, 157 BGB) bei Vertragsschluss eine Nachlieferung von gleichartigen und gleichwertigen Felgen oder Winterrädern, die für das Fahrzeug zugelassen sind, in Betracht kommen sollte (vgl. hierzu grundlegend BGHZ 168, 64 Rn. 23; BGH NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.…)

Eine solche Ersatzbeschaffung scheidet nicht schon deshalb aus, weil es sich bei dem Erwerb des gebrauchten Fahrzeugs inklusive Winterreifen um einen Stückkauf handelt (vgl. BGHZ 168, 64 Rn. 21; 170, 86 Rn. 17; NJW 2019, 1133 Rn. 31). Vielmehr ist der Gesetzgeber bei der Schuldrechtsmodernisierung davon ausgegangen, dass das Interesse des Käufers, eine mangelfreie Sache zu erhalten, „in den meisten Fällen" - auch beim Stückkauf - durch Nachbesserung oder Lieferung einer anderen gleichartigen Sache befriedigt werden könne (…). Entscheidend ist letztlich, ob und in welchem Umfang der Verkäufer eine Beschaffungspflicht übernommen hat (BGH NJW 2019, 1133 Rn. 31 ff.).

Vor diesem Hintergrund ist eine Ersatzlieferung auch nicht bereits deswegen von vornherein ausgeschlossen, weil Kaufgegenstand ein Gebrauchtwagen nebst gebrauchten Winterrädern war… Auch in solchen Fällen ist letztlich maßgeblich, ob nach den Vorstellungen der Parteien die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit nach dem Vertragszweck und ihrem erkennbaren Willen durch eine gleichartige und gleichwertige Sache ersetzt werden kann, also austauschbar ist…


Da Alufelgen für die Winterreifen eines BMW-Pkw in der Regel keine individuellen oder speziellen Merkmale aufweisen (vgl. Luckey NJW 2020, 1292 a. E.) und solche Eigenschaften auch nicht dem Sachverhalt entnommen werden können, ist von ihrer Austauschbarkeit auszugehen. Folglich ist eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung nicht unmöglich. Der Rücktrittsgrund nach §§ 275 I, 326 V BGB liegt nicht vor.

2. Als Rücktrittsgrund i. S. des § 437 Nr. 2 BGB kommt § 323 I BGB in Betracht. Danach gilt in der Anwendung auf den Kaufvertrag (§ 437 Nr. 2 BGB), dass der Käufer, wenn der Verkäufer die Kaufsache nicht oder nicht vertragsgemäß leistet, diesem eine angemessene Frist setzen und nach erfolglosem Ablauf der Frist von dem Vertrag zurücktreten kann.

a) Wegen des Mangels der Felgen hat B die nach dem Kaufvertrag geschuldete Leistung nicht vertragsgemäß erbracht. K hat auch eine Frist gesetzt; von ihrer Angemessenheit kann ausgegangen werden. Die Frist ist abgelaufen, ohne dass B eine weitere Erfüllungshandlung vorgenommen hat.

b) Nach dem Vortrag des B ist die Fristsetzung nicht wirksam erfolgt, weil sie auf die „Aushändigung der ABE für die Winterräder“ gerichtet war und nicht auf die allein noch mögliche Ersatzlieferung. Zutreffend ist, dass der Käufer spätestens bei der Fristsetzung erklären muss, welchen der beiden Wege der Nacherfüllung (§ 439 I BGB) er verlangt; die Fristsetzung muss also auf die gewählte Nacherfüllungsart bezogen sein (MünchKommBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, § 323 Rn. 257; BGH [44]); dabei darf die gewählte Nacherfüllungsart nicht unmöglich sein. Damit stand nicht in Einklang, dass K den B zum Nachreichen der ABE aufgefordert und auch eine dahingehende Frist gesetzt hat, statt die allein mögliche Ersatzlieferung zu verlangen. Jedoch entsprach das Vorgehen des K dem Zusatz im Kaufvertrag und dem in § 439 BGB enthaltenen Anspruch auf Nachbesserung. Die Beschränkung des Anspruchs des K ergab sich erst daraus, dass sich infolge der Unmöglichkeit für B, die ABE zu beschaffen, die Sachlage geändert hatte. Eine Reaktion auf die veränderte Sachlage durch den Übergang auf eine Ersatzlieferung konnte von K nur verlangt werden, wenn ihm die veränderte Sachlage spätestens bei der Fristsetzung bekannt war. Davon kann aber nicht ausgegangen werden, vielmehr lässt der Sachverhalt den Schluss zu, dass B dem K die veränderten Umstände erst nach Fristsetzung und Fristablauf mitgeteilt hat. Dass B es unterlassen hat, K rechtzeitig auf die veränderte Sachlage hinzuweisen, darf sich nicht zum Nachteil des K auswirken.

Somit liegen die Voraussetzungen des § 323 I BGB für einen Rücktritt vor.

c) Dem Rücktrittsrecht könnte § 323 V 2 BGB entgegenstehen. Die Regelung schließt an den die Teilleistung betreffenden § 323 V 1 BGB an und bestimmt - bezogen auf den Kaufvertrag -, dass im Falle einer nicht vertragsgemäßen Leistung durch den Verkäufer das Rücktrittsrecht des Käufers ausgeschlossen ist, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich ist.

aa) Durch die Nichtvorlage der ABE für die Winterräder-Felgen hat B gegen seine Pflicht aus § 433 I 2 BGB verstoßen, die Kaufsache frei von Sachmängeln zu liefern, und damit nicht vertragsgemäß geleistet.

bb) BGH [46] führt zunächst grundsätzlich aus, dass die Beurteilung, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls erfordert (st. Rspr.; vgl. etwa BGHZ 201, 290 Rn. 16 m. w. N.). Ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziert in der Regel die Erheblichkeit einer Pflichtverletzung (BGH NJW-RR 2010, 1289 Rn. 23; NJW 2013, 1365 Rn. 16).

[47] Bei behebbaren Mängeln ist von einer Geringfügigkeit und damit von einer Unerheblichkeit in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind, wovon jedenfalls regelmäßig nicht mehr auszugehen ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von 5 Prozent des Kaufpreises übersteigt (…) … Bei unbehebbaren Mängeln ist regelmäßig auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen (BGH NJW 2011, 2872 Rn. 21).

cc) Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen durch Ersatzlieferung zugelassener Felgen behebbaren Mangel (oben III 1 b). Ob dessen Kosten 5 % von 31.000 Euro, also 1.550 Euro übersteigen, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht, ist aber nach der Lebenserfahrung eher unwahrscheinlich (vgl. Looschelders JA 2020, 466). Selbst wenn die Kosten unter der 5 %-Grenze liegen, kann Unerheblichkeit zu verneinen sein. Gegen eine Unerheblichkeit spricht zunächst, dass ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, der die Erheblichkeit indiziert. Vor allem hat K ein berechtigtes Interesse daran, im Winter Räder zu verwenden, deren Felgen zugelassen sind. Da er auch das Recht hat, vom Gebrauch nicht zugelassener Felgen abzusehen, fehlt ihm derzeit die Möglichkeit, der Verpflichtung aus §§ 2 III a) StVO, 36 IV StVZO zur Verwendung von Winterreifen nachzukommen. Zwar wurde oben II 1 nicht angenommen, dass durch die Verwendung der gelieferten eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist, sie ist jedoch auch nicht auszuschließen und spricht gegen Unerheblichkeit. Weiterhin kann K befürchten, dass er Probleme nach einem Unfall oder bei einer TÜV -Untersuchung im Winter bekommt. Diese Umstände führen zu der Bewertung, dass der Mangel nicht unerheblich ist. § 323 V 2 BGB steht somit dem Rücktritt des K nicht entgegen.

IV. Die Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) hat K abgegeben. Somit steht ihm nach § 346 I BGB der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 31.000 Euro zu. Die Gegenansprüche des B aus § 346 I BGB hat K anerkannt. Sie richten sich auf Rückgabe des Pkw und der Räder sowie auf Abzug einer Nutzungsentschädigung für die in Anspruch genommenen Fahrleistungen (die Entschädigung betrug im Originalfall 793 Euro). Die Ansprüche sind Zug-um-Zug zu erfüllen. Der Anspruch des K ist begründet.


Zusammenfassung