Bearbeiter: Prof. Dr. Rainer Strauß

Der folgende Fall befaßt sich ebenfalls mit den durch das 6. StrRG neu gefaßten Brandstiftungsdelikten. Allerdings lag die Tatzeit (4. 10. 1997) vor dem Inkrafttreten des 6. StrRG (26. 1. 1998). Als erstes stellt sich deshalb die Frage nach der anwendbaren Strafvorschrift.

BayObLG Beschluß vom 23. 7. 1999 (5 St 147/99) NJW 1999, 3570

Fall (Heiße Asche)

A lagerte noch nicht ganz ausgeglühte Asche in einem kleinen Holzschuppen auf seinem Anwesen. Die Asche entzündete sich, und der Holzschuppen brannte am 4.10.1997 vollständig nieder. Zur Brandzeit schlief A in dem neben dem Holzschuppen stehenden Wohnhaus. An diesem zerbarst durch die Hitzeentwicklung eine Fensterscheibe, und eine auf Putz gelegte Elektroleitung mit einer Steckdose schmorte an. Das AG und später das LG verurteilten A wegen fahrlässiger Brandstiftung gemäß § 309 StGB a. F. Wie hat A sich strafbar gemacht?

A könnte sich wegen einer fahrlässigen Brandstiftung gemäß § 306 d II, § 306 a II, 306 I Nr. 1 StGB n. F. strafbar gemacht haben.

1. Anwendbarkeit

§ 306 d II StGB n. F. müßte anwendbar sein. Der Brand und damit die Tatzeit war am 4. 10. 1997, also vor dem Inkrafttreten des 6. StrRG. Allerdings wurde A erst am 24. 7. 1998 verurteilt. § 2 III StGB bestimmt, daß ein Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, aber noch vor der gerichtlichen Entscheidung geändert wird, in seiner milderen Fassung anzuwenden ist. § 309 StGB a.F. sah eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Gemäß § 306 d II StGB n. F. ist die Freiheitsstrafe auf drei Jahre begrenzt. § 306 d II StGB n. F. ist somit gegenüber § 309 StGB a.F. das mildere Gesetz und kommt damit zur Anwendung. AG und LG hatten die Vorschrift in einer falschen Fassung angewendet.

2. A müßte ein Gebäude oder eine Hütte fahrlässig in Brand gesetzt haben.

In Brand gesetzt ist ein Gebäude oder eine Hütte, wenn Teile derart vom Feuer ergriffen sind, daß sie auch noch nach Entfernung des Brennstoffes selbständig weiterbrennen können. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß der Brand sich auf Teile des Gebäudes ausbreiten kann, die für dessen bestimmungsgemäßen Gebrauch von Bedeutung sind.

Zwar brannte der kleine Holzschuppen nieder, jedoch handelt es sich hierbei weder um ein Gebäude noch um eine Hütte i.S. des § 306 I Nr. 1 StGB.

In Bezug auf das Wohnhaus war ein In-Brand-setzen nicht gegeben, da nach den Feststellungen lediglich die Schreibe eines Fensters durch Hitzeeinwirkung geborsten und eine an der Außenwand auf Putz gelegte Elektroleitung mit Steckdose angeschmort war.

3. Darüber hinaus ist § 306 a II n. F. ein konkretes Gefährdungsdelikt. Somit hätte eine konkrete Gefahr für die Gesundheit eines anderen Menschen eintreten müssen. Die Gefährdung des Täters erfüllt diese Voraussetzung nicht. Nach den Feststellungen wurde das Wohnhaus allein vom Angekl. bewohnt, der sich zur Brandzeit auch allein im Wohnhaus aufgehalten hatte.

Eine Strafbarkeit gemäß §§ 306 d II, 306 a II, 306 I Nr. 1 StGB n.F. scheidet somit aus. Die Verurteilung durch die Vorinstanzen AG und LG erfolgte zu Unrecht. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des A führte zu dessen Freispruch.

Leitsatz des Bearbeiters

§ 306 a II StGB erfordert die konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung für eine andere Person als die des Täters.